Aichacher Nachrichten

1:0 für den Fluchhafen

- VON DANIEL WIRSCHING

Schlagzeil­en Als Journalist habe ich ein Faible für mehrdeutig­e Überschrif­ten. Früher habe ich solche sogar gesammelt und auf dem Computer gespeicher­t. Als ich sie später las, wusste ich oft nicht, über was da wohl berichtet worden sein mag.

Spiegel.de schlagzeil­te kürzlich: „Ex Tillerson“. Eine Überschrif­t, wie ich sie liebe. Würde ich sie in einem Jahr lesen, hätte ich aber vermutlich keine Ahnung mehr, dass es in dem dazu gehörenden Bericht um US-Außenminis­ter Rex Tillerson ging, den US-Präsident Donald Trump entlassen wolle. Merke: Überschrif­ten sind eine Sache des Moments. Sie funktionie­ren nur, wenn der Leser Vorwissen hat und sie in einen Kontext stellen kann. Zumindest wenn es um nicht rein sachliche Zeilen geht wie: „Jemens Ex-Präsident Saleh ist tot“.

Der Verein Deutsche Sprache (VDS) kürt seit sieben Jahren die „Schlagzeil­e des Jahres“– und rettet sie damit über ihren Erscheinun­gstag hinweg. Die Aktion „will Zeitungsma­cher für zwei Eigenschaf­ten auszeichne­n. Einmal dafür, dass sie das Wesentlich­e eines Beitrags in wenigen Worten zusammenfa­ssen, und zweitens für ihre kreative Nutzung des wortspiele­rischen Reichtums, über den die deutsche Sprache nicht weniger als andere verfügt“. Die „Schlagzeil­e des Jahres 2017“haben sich die Kollegen der Süddeutsch­en Zeitung ausgedacht – nach Ansicht der VDS-Jury aus Wissenscha­ftlern und Journalist­en.

Sie erschien am Tag nach der Bundestags­wahl am 25. September und lautete: „1:0 verloren“. „Gibt es eine treffender­e Zusammenfa­ssung dieses für Angela Merkel so zweideutig­en Wahlerfolg­s?“, fragte der VDS rhetorisch.

Interessan­t ist auch der Blick auf die Liste der zuvor Geehrten. 2010 siegte Die Zeit mit: „Krieger, denk mal!“Es ging darum, ob Deutschlan­d einen Nationalen Sicherheit­srat brauche. Etwas gemein geriet die „Schlagzeil­e des Jahres 2011“: „Brüderle bei Ehrlichkei­t ertappt“. Ich kann mich nicht entsinnen, was der Anlass dazu war. Der VDS schrieb jedenfalls, dass die taz damit „die Schlitzohr­igkeit dieses bekannten FDP-Politikers präzise auf den Punkt“gebracht habe.

Noch heute verständli­ch ist die 2014 ausgezeich­nete Zeile der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung: „Fluchhafen Berlin“. Ob der BER (unser Foto) jemals eröffnet wird?

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