Die Männer hinter den Engeln
Schon seit dem ersten Auftritt im Jahr 1977 sichert die Bergwacht die Auftritte der Augsburger Engel. Hinter den Kulissen haben die Helfer weit mehr zu tun, als nur Sicherungsseile zu befestigen
Glänzend ist ihr Auftritt, anmutig bewegen sie sich zur Musik und mit einem bezaubernden Lächeln strahlen sie den hellen Scheinwerfern entgegen. Wenn Augsburgs Engel an Adventsabenden an die Rathausfenster und auf den Balkon treten, ziehen sie Hunderte staunende Blicke auf sich. Doch nicht nur Engelshaar, Flügel, Schminke und festliche Kleider lassen die jungen Augsburgerinnen zu Himmelswesen werden. Geht alles gut, ist ihr wichtigstes Hilfsmittel für die Zuschauer unterhalb des Rathausbalkons unsichtbar.
Denn auf mehr als fünfzehn Metern Höhe verlässt sich keine von ihnen auf ihre Schwindelfreiheit allein. Damit die Darsteller beim Engelsspiel bedenkenlos auf Fenstersimse und den Rathausbalkon treten können, werden sie bei jeder Aufführung von der Bergwacht gesichert. „Treten sie einen Schritt zu weit von der Empore, würden sie weich in die Sicherungsseile fallen“, erklärt Silvia Zipf, die seit fünf Jahren beim Engelesspiel dabei ist.
Etwa eine Stunde vor der Aufführung treffen sie und die anderen Helfer sich hinter den Kulissen. In der Nähe der Engels-Garderobe prüft Zipf, ob die Sicherheitsgurte für die jungen Augsburgerinnen richtig eingestellt sind. Die 35-Jährige erzählt: „Mittlerweile arbeiten wir mit Sicherheitsgurten, wie sie auch für Dachdecker geeignet sind. Die sind sicher und einfach anzuziehen.“Tatsächlich: Wie beim Klettern schlüpfen die meisten Darstellerinnen routiniert hinein. Früher das noch deutlich anders gewesen, sagt Juliana Kraus, die einst selbst ein Engel war und die Aufführungen jetzt organisiert: „Damals hat man uns mit einfachen Bauchgurten gesichert, die die Bergwacht für uns zusammengebunden hat.“
Wohl kaum ein Augsburger war über all die Jahre näher am Engelesspiel als Siegfried Neiß und Wolfgang Kallert. In jedem Jahr seit 1977 haben die beiden Bergwachtler den Engeln hinter den Kulissen den Rü- freigehalten. Weder der 78-jährige Neiß noch der 72-jährige Kallert haben die Aufführung auch nur einmal von unten gesehen. Dass es nicht immer ein leichtes Unterfangen war, davon weiß Neiß zu berichten: „Vor ein paar Jahren gab es einmal so starken Wind, dass wir die Flügel weggelassen haben.“Bei dem Zug, der auf Balkon und Simsen geherrscht habe, hätten die Engel sonst abgehoben, scherzt er.
Was in all den Jahren gleich gesei blieben ist: „Noch nie ist ein Engel in ein Seil gestürzt“, sagt Helferin Zipf stolz, „das wollen wir in den nächsten 40 Jahren beibehalten.“
Dabei prüft die Bergwacht nicht nur, ob die Sicherheitsgurte richtig angelegt sind. „Wir packen auch mit an, wenn es darum geht, die Engelsflügel richtig aufzusetzen.“Und wenn sie mit den eineinhalb Kilo schweren Flügeln seitlich aus der Garderobe zum Rathausbalkon schreiten, bietet die Bergwacht Gecken leitschutz und achtet darauf, dass sich die Flügel nicht verhaken.
Auch während des Engelesspiels weichen die Bergwachtler den Darstellerinnen nicht von der Seite. Im Fall des Falles greifen sie ein. Denn sogar Engel können bisweilen Schutzengel gut gebrauchen.
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Auftritte Das Augsburger Engeles spiel findet an Adventswochenenden jeden Freitag, Samstag und Sonntag um 18 Uhr am Rathausbalkon statt.