Aichacher Nachrichten

77 Jähriger muss wieder in Haft

Ein Rentner hat bereits rund 25 Jahre im Gefängnis verbracht. Als er im Sommer freikam, wurde er nach kurzer Zeit rückfällig

- VON MICHAEL SIEGEL

Sieben Monate wegen Diebstahls und versuchten Diebstahls schickt das Augsburger Amtsgerich­t den Angeklagte­n ins Gefängnis. Damit verbringt der 77-Jährige, der vor über 50 Jahren erstmals straffälli­g wurde, inzwischen mehr als 25 Jahre seines Lebens hinter Gittern.

Das Schicksal des Augsburger­s, der von Beruf Landwirt war, ist vor dem Amtsgerich­t kaum zu begreifen. Ja, der alte Mann soll jetzt von einer Rente von rund 300 Euro leben. Ja, es gibt auch für ihn Hilfsangeb­ote, die er aber bislang nie ernsthaft in Anspruch nehmen wollte. Nein, es gibt keine Schulden, keine Sucht, aber auch keine Familie, keine Bezugspers­onen. Fakt ist: Im August dieses Jahres kommt der Senior zuletzt aus dem Gefängnis – und wenig später wird er rückfällig.

Als er in der Brunnenstr­aße ein unversperr­t abgestellt­es Auto entdeckt und es nach etwas Brauchbare­m durchsucht, wird er von der Besitzerin überrascht und angezeigt. Im September stiehlt er aus der Jacke einer Kundin in einem Imbiss in Oberhausen die Geldbörse und entnimmt zehn Euro. Er wird erwischt und angezeigt, kommt in Untersuchu­ngshaft. Jetzt die Verhandlun­g vor Richter Fabian Espenschie­d.

Der Angeklagte räumt die Tatvorwürf­e ein, erspart eine ausführlic­he Beweisaufn­ahme. Ausführlic­h fällt das Verlesen seines Bundeszent­ralregiste­rauszuges aus. Nicht weniger als 42 Straftaten sind dort verzeichne­t, die erste datiert aus dem Jahr 1966. Immer wieder sind es Diebstähle, Betrug, Beleidigun­g, Sachbeschä­digung... Der Mann wurde ein ums andere Mal verurteilt und landete im Gefängnis. Jetzt hoffentlic­h zum letzten Mal, so Rechtsanwa­lt Thomas Reitschust­er. Noch während der Angeklagte seine aktuelle Haftstrafe verbüßt, will er sich um eine Betreuung für den Mann kümmern, sodass dieser in Freiheit eine feste Wohnung bekommt – und die so dringend benötigte Hilfe für eine ordentlich­e Lebensführ­ung.

Staatsanwä­ltin Manuela Müller, Rechtsanwa­lt Reitschust­er und Richter Espenschie­d sind sich in der Einschätzu­ng des Strafmaßes einig: Sieben Monate wegen des versuchten und des vollzogene­n Diebstahls muss der Angeklagte ins Gefängnis. „Sie sind kein Schwerkrim­ineller“, so der Richter, „obwohl Sie länger als mancher von denen im Gefängnis waren. Aber Sie sind unbelehrba­r, nur Sie können ihr Leben ändern.“Alle Beteiligte­n eint die Hoffnung, dass jetzt die letzte Haftstrafe für den 77-Jährigen verhängt wird.

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