»Thema der Woche Wie leben die Menschen in Augsburg? Vier Beispiele lesen Sie auf
Junges Wohnen in der Ex-Kanzlei
Klar, die Nachbarn standen schon mal vor der Tür. Die Polizei auch. Aber das ist ein Jahr her. Damals, als die erste Party der WG über die Bühne ging. Gut hundert Menschen waren damals insgesamt in den Räumen der WG in der Innenstadt. Die anderen Hausbewohner gerieten nicht ganz so in Feierlaune. Seitdem haben die sechs Jungs und Mädchen, alle im Alter zwischen 18 und 24, dazugelernt. Vor der diesjährigen Party hatten sie den Nachbarn nicht nur Ohropax geschenkt. Sondern ihnen angeboten, eine Nacht im Hostel nebenan zu übernehmen.
Im Wohnzimmer fällt einem der große rote Esstisch auf, den sich Julian Adolph von seinen Großeltern hat schenken lassen. An dem und auf dem riesigen Sofa, bestehend aus Euro-Paletten und Kissen, findet das gemeinsame Leben der Bewohner statt, die sich selbst als die „coole Familie, mit der man auch mal ein Glas trinken kann“beschreibt. Bevor die WG eingezogen ist, war in den Räumen eine Anwalts-Kanzlei drin. Von striktem Recht und Ordnung ist heute nicht mehr viel zu spüren.
Kommunikativ muss man sein, Tag und Nacht. „Ruhige Leute kommen bei uns nicht klar“, sagt Konrad Jehle. Außerdem sollte man kompromissbereit sein, sich auf Leute einlassen, mal streiten können und vor allem auf Deutschrap stehen, so die Bewohner. Es herrscht Jugendherbergencharme. Eines der gemeinsamen Hobbys ist Beer-Pong, ein Spiel, bei dem man Tischtennisbälle in Becher werfen muss. Ansonsten schaut man zusammen Thriller oder spielt Singstar. Geschlossen ist man auch mal nach London geflogen, spontan, die Preise waren gerade günstig. Für 24 Stunden ohne Hotel, einfach die Nacht durchgemacht. Man glaubt ihnen sofort, wenn sie schwören, dass es in Augsburg wohl keine Wohngemeinschaft gibt, die weniger als Zweck-WG bezeichnet werden kann als die ihre.