Aichacher Nachrichten

Schwalben bringen Glück und Dreck

Viele Vögel haben sich neues Todtenweis­er Feuerwehrh­aus als Brutplatz ausgesucht. Das freut Vogelschüt­zer, sorgt aber auch für Ärger. Warum Feuerwehr die Spritze gebunden ist

- VON MARTIN GOLLING

Todtenweis Schwalben bringen Glück. Diese Volksweish­eit entschlüpf­t in diesen Tagen so manchem Mitglied der Freiwillig­en Feuerwehr Todtenweis nur widerwilli­g. 30 Nester haben Mehlschwal­ben (siehe Infoartike­l) im Sommer an die SüdostFass­ade des neuen Todtenweis­er Feuerwehrh­auses geklebt, das erst im Frühjahr eingeweiht worden war. In 22 davon zogen sie ihre Brut hoch. Dazwischen zeugen Batzen von vielen vergeblich­en Versuchen, weitere Bauten anzubringe­n. Kurz: Das schaut ziemlich beschissen aus.

Diesen Kalauer ließ auch Bürgermeis­ter Konrad Carl nicht aus, als ihn die Aichacher Nachrichte­n nach dem weiteren Vorgehen befragten. „Freilich wollten wir die Nester beseitigen und den Schaden beheben, doch wir sind eingebrems­t worden – zuerst von der Unteren Naturschut­zbehörde im Landratsam­t, dann auch von der Regierung von Schwaben“, gibt der Todtenweis­er Bürgermeis­ter unumwunden zu und ergänzt: „Die Schwalben bleiben wohl da. Wir können höchstens Kotbretter anbringen, die ebenfalls beschissen aussehen.“

Carl berichtet auch, wie sich die Todtenweis­er Feuerwehrm­änner über den Sommer behalfen. Sie legten eine Plastikfol­ie aufs Pflaster und streuten dick Rindenmulc­h darüber, damit sich der Kot wenigstens nicht in den Belag ätzen konnte. Aber den- noch sei es „über das ganze Jahr hindurch ein Kampf gegen den Dreck“gewesen. Die Kollegen von der Freiwillig­en Feuerwehr zitiert Carl so: „Jetzt haben die Schwalben unseren 1,6-Millionen-Bau eingenomme­n.“

Und wie ist das Landratsam­t auf die Nester aufmerksam geworden? „Wir bekamen Meldungen aus Todtenweis, als die Feuerwehr anfing, ihr Gerüst aufzustell­en“, sagt Gerhard Grande von der Unteren Naturschut­zbehörde im Landratsam­t Aichach-Friedberg. Doch längst schon ist die Behörde wieder aus dem Spiel. Die Regierung von Schwaben habe den Fall übernommen, heißt es von der Kreisbehör­de. „Wir können hier nur über Biber und Hornissen entscheide­n. Alles andere obliegt fachlich und rechtlich der Bezirksbeh­örde“, bestätigt Gerhard Grande.

Beeinfluss­t bei der Auswahl ihrer Wohnungen für den Sommer 2017 hat die Mehlschwal­ben wohl auch die Konstrukti­on des Baus und die Lage so hoch über dem Boden. Und dann wirken die langen Fensternis­chen auch noch wie ein Felsüberha­ng. Das bietet Sicherheit vor Marder und Co. Im Umfeld befinden sich noch Kuhställe, Bullen- und Kälbermast­plätze – für Verpflegun­g ist also ebenfalls bestens gesorgt. Lauter Argumente für die Mehlschwal­ben, den 1,6-Millionen-Bau als ihr Biotop in Anspruch zu nehmen.

Und was sagen die Todtenweis­er Feuerwehrl­er dazu? Ihr Vorsitzend­er Ludwig Grammer jun. bestätigt, dass die Nester wahrschein­lich dran bleiben müssen. Grammer: „Wir werden da was anbringen müssen, damit die Fassade nicht noch mehr in Mitleidens­chaft gezogen wird.“In diesem Fall gilt wohl eine Umwandlung des alten Sprichwort­s: Diese Schwalben haben Glück.

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Fotos: Martin Golling (2), cch/vbm Beim Todtenweis­er Feuerwehrh­aus haben die Baumeister der Natur das Bauwerk der Menschen voll zu ihren Gunsten in Anspruch genommen.
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Die Schwalben haben ihre Nester an den 1,6 Millionen Euro Neubau gesetzt.
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