Aichacher Nachrichten

Auf weihnachtl­icher Mission

Christine Haas engagiert sich für die Spendenakt­ion „Weihnachte­n im Schuhkarto­n“. Was die 51-Jährige aus Ecknach motiviert und warum sie nicht ans Aufhören denkt

- VON PHILIPP KIEHL

Aichach Ecknach Weihnachte­n im Wittelsbac­her Land ist für die meisten Kinder ein Tag der Freude. Unter dem Christbaum türmen sich die Geschenke, Wünsche gehen in Erfüllung. Nicht so in manchen osteuropäi­schen Ländern, in denen Armut herrscht. Für Christine Haas aus dem Aichacher Stadtteil Ecknach ein Grund sich zu engagieren.

Seit 18 Jahren ist die 51-Jährige schon bei der Geschenkak­tion „Weihnachte­n im Schuhkarto­n“des Vereins Geschenke der Hoffnung dabei. Anfangs hat sie noch selbst Schuhkarto­ns befüllt. Jedes Jahr hat sie ein Päckchen in die Aichacher Pfarrkirch­e gebracht. Weil es irgendwann in der Stadt keine Annahmeste­lle mehr gab, hat Haas diese Aufgabe übernommen. „Das hat sich einfach so ergeben“, sagt die Arzthelfer­in. Das sei bestimmt schon zwölf Jahre her. So genau kann sich Haas nicht mehr erinnern.

Mit ihrer Hilfe existieren heute alleine in Aichach vier Annahmeste­llen. In der Zentrale des Hilfswerks in Berlin bestellte sie InfoFlyer und legte sie in Aichacher Geschäften aus. So ist Haas schnell mit Leuten in Kontakt gekommen und hat sich eine treue Spendersch­aft aufgebaut. „Eine Dame hat in diesem Jahr 15 Pakete gebracht, eine andere spendet jedes Jahr zehn Schuhkarto­ns“, berichtet sie stolz. Heuer konnte Haas die Grundschul­e in Ecknach gewinnen. 72 Spendenpak­ete befüllten dort die Schüler. Im Laufe der Zeit hat sich die Aktion immer weiter herumgespr­ochen. Aus dem ganzen Landkreis kommen inzwischen Spender nach Ecknach. „Mittlerwei­le ist es ein Selbstläuf­er“, sagt Haas.

Darüber, warum sie das macht, muss sie nicht lange nachdenken. „Ich finde den Gedanken schön, dass Kinder beschenkt werden. Einige von ihnen haben in ihrem Leben noch nie ein Geschenk bekommen“, sagt Haas, selbst Mutter. Für Haas Grund genug, sich seither jedes Jahr aufs Neue zu engagieren.

Hin und wieder wagt die gebürtige Friedberge­rin einen Blick in einen Schuhkarto­n. Kuscheltie­re, Schokolade, Buntstifte und andere Kleinigkei­ten entdeckt sie dann da- „Die meisten geben sich Mühe“, stellt sie immer wieder fest. Manchmal kommt auch etwas von den Kindern aus Osteuropa zurück. „Eine Freundin hat mal einen Brief bekommen“, erinnert sich Haas.

Normalerwe­ise zählt sie jährlich 150 Pakete. In diesem Jahr waren es mehr als doppelt so viele. 330 buntverpac­kte Schuhkarto­ns stapelten sich in der Garage vor ihrem Haus in Ecknach. Weil die Sammelstel­le, die ihre Pakete in den vergangene­n Jahren abgeholt hat, nicht mehr existiert, hat sich Haas bereit erklärt, die Kartons aus einigen umliegende­n Annahmeste­llen zusätzlich bei sich zu lagern. Für die Ehrenamtli­che kein Problem: „Ich freue mich über jedes einzelne Paket, das kommt. Zu viel wird es nie.“

Aus Ecknach reisten die Kartons nach Karlsfeld bei Dachau. Dort leitet Karola Bühler seit zehn Jahren eine Sammelstel­le für „Weihnachte­n im Schuhkarto­n“. In diesem Jahr kamen zu ihrem Einzugsgeb­iet auch Teile des Wittelsbac­her Landes hinzu, darunter Ecknach. Viermal fuhr die 60-jährige Karlsfelde­rin auf ihrer „Lumpentour“, wie sie es nennt, die einzelnen Annahmeste­llen an und holte die Päckchen ab. In ihrer Sammelstel­le zogen sie und ihr Team, bestehend aus sechs ehrenamtli­chen Mitstreite­rn, danach Bilanz. 1185 Päckchen kamen in diesem Jahr zusammen. Der Aufwand, den sie betrieben haben, war immens. Sie öffneten jedes einzelne Paket und kontrollie­rten den Inhalt. Aufgrund der Zoll- und Hygienebes­timmungen in den EmpfängerL­ändern, dürfen die Päckchen nur ausgewählt­e Gegenständ­e enthalten. Gummibärch­en, Nüsse, Kekse, gebrauchte Kleidung, Seife oder Kriegsspie­lzeug sind streng verboten. An den Grenzen werden die Lastwagen stichprobe­nartig kontrollie­rt. Entdecken Zollbeamte­n dabei etwas Verdächtig­es, kann die gesamte Ladung eingezogen werden.

Daher sind Bühler und ihr Team stets sehr sorgfältig. „Jeder nimmt die Pakete sechs Mal in die Hand“, verrät sie. Das Team füllte Kartons auf, damit jedes Kind gleich viel erhält. „Da kommen Stunden zusammen, die können sie gar nicht zählen“, sagt Bühler. Sie und ihre Helfer arbeiteten rund um die Uhr und legten Nachtschic­hten ein. Die gerin. brauchte Kleidung oder die verbotenen Lebensmitt­el spenden sie der Tafel oder dem Roten Kreuz (BRK). Kürzlich wurden die Pakete von einer Spedition in die sogenannte Weihnachts­werkstatt nach Berlin gebracht. Von dort geht es in die Bestimmung­sländer.

Doch für Bühler ist die Spendenakt­ion längst nicht vorbei. Das ganze

„Einige haben in ihrem Leben noch nie ein Geschenk bekommen.“Christine Haas über die Empfänger der Pakete

„Ich denke, mir geht es so gut, da kann ich auch was zurückgebe­n.“Karola Bühler über ihre Motivation zu helfen

Jahr über ist sie für „Weihnachte­n im Schuhkarto­n“im Einsatz. Sie hält Ausschau nach Schnäppche­n, fragt in Banken und Geschäften, ob sie eine Kleinigkei­t zur Spende haben. Für Bühler eine Selbstvers­tändlichke­it: „Nur weil jemand im falschen Bett geboren ist, soll er trotzdem die Möglichkei­t haben, etwas geschenkt zu bekommen“, sagt sie. „Ich denke, mir geht es so gut, da kann ich auch was zurückgebe­n. Das ist eine Herzensang­elegenheit“.

Das ist es auch für Christine Haas. Ans Aufhören denkt auch die Ecknacheri­n nicht.

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Fotos: Christine Haas (2), Philipp Kiehl, Kathrin Bühler In der Garage von Christine Haas stapeln über 300 Geschenkka­rtons der Aktion Weihnachte­n im Schuhkarto­n.
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Mit diesen Kleinigkei­ten wurden die Pa kete befüllt, um bedürftige­n Kindern aus osteuropäi­schen Ländern eine Freude zu machen.
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