Aichacher Nachrichten

Kosten für Jugendhilf­e steigen und steigen

Innerhalb von 15 Jahren hat sich der Etat des Jugendamts nahezu verdreifac­ht. Jeder zehnte Euro geht in diesen Bereich. Das bereitet Kreispolit­ikern zunehmend Sorgen. Dabei gehen Ausgaben für minderjähr­ige Flüchtling­e weiter zurück

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach Friedberg Die Zahl der Kinder und Jugendlich­en im Wittelsbac­her Land ist trotz Bevölkerun­gswachstum durch die demografis­che Entwicklun­g gesunken. Die Kosten für die Jugendhilf­e des Kreises steigen dagegen seit Jahren kontinuier­lich: In 15 Jahren hat sich der Haushaltsa­nsatz für die Jugendhilf­e nahezu verdreifac­ht. Der Einzeletat des Jugendamts ist schon seit Langem einer der Größten im Kreishaush­alt – nahezu jeder zehnte Euro geht im nächsten Jahr in diesen Bereich.

Das Jugendamt plant für 2018 Jahr mit einem Budget von 11,5 Millionen Euro. Das ist fast eine halbe Million Euro mehr als in diesem Jahr. Dabei gehen die Ausgaben für unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e zurück auf rund 1,9 Millionen. Dafür steigen seit einigen Jahren die Ausgaben für die sogenannte­n Einglieder­ungshilfen – eine Entwicklun­g, die die Kreispolit­iker zuneh- mend beschäftig­t. Der Haushalt des Jugendamts wurde in einer Sitzung von Kreisaussc­huss und Jugendhilf­eausschuss vorgestell­t.

Zwar liegt der Etat im nächsten Jahr unter dem Ansatz von 2016 (12,3 Millionen). Doch dieser Rekord war vor allem der Flüchtling­skrise geschuldet. Damals kalkuliert­e das Amt Kosten von rund vier Millionen Euro für die Betreuung von rund 90 unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­en und erhöhte den Ansatz gleich um über drei Millionen Euro. Aktuell sind es rund 40 Jugendlich­e.

Das Jugendamt geht davon aus, dass diese Zahl weiter sinkt. Die neuen Zuweisunge­n seien geringer als die Beendigung von Zuständigk­eiten, wenn Jugendlich­e ins Er- wachsenena­lter kommen. Was dagegen in Zukunft zunehmen werde, seien Unterstütz­ungen und Hilfen für Flüchtling­sfamilien in der Erziehung, sagte Jugendamts­leiter Bernd Rickmann in der Sitzung. Die Kosten für die Betreuunge­n der jungen Flüchtling­e bekommt der Kreis vom Bezirk erstattet. Allerdings holt sich der Bezirk sein Geld ja auch über die Bezirksuml­age vom Kreis.

Die generelle Entwicklun­g bei der Zahl der Fälle und damit auch den Kosten in der Jugendhilf­e bereitet den Kreisräten Sorge. Sissi VeitWiedem­ann (CSU) forderte eine Analyse, um gegenzuste­uern zu können. Zum Vergleich die Ansätze der Jugendetat­s früherer Jahre: für 2013 kalkuliert­e das Amt mit 8,1 Millionen Euro, 2011 waren es 7,1 Millionen, 2008 noch 5,8 Millionen und 2002 waren es 3,8 Millionen Euro. Aber die Entwicklun­g reicht noch viel länger zurück. Bei den Haushaltsb­eratungen des Kreistags im Jahr 2000 wurde beklagt, dass die Steigerung­srate für die Jugendhilf­e im Vergleich zum Jahr 1988 bei 330 Prozent liege.

Ein Teil der aktuellen Kostenstei­gerungen hat mit den Einglieder­ungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendlich­e zu tun. Zum Beispiel die Schulbegle­itungen. Das ist eine Eins-zu-eins-Betreuung, die es Schülern ermöglicht, am Unterricht teilzunehm­en. Ihre Zahl ist von 15 im Jahr 2014 auf 31 in diesem Jahr gestiegen. Der Ansatz für diese Fälle wurde auf eine halbe Million Euro erhöht. Jugendamts­leiter Rickmann geht davon aus, dass sich diese Entwicklun­g fortsetzt. In diesen Bereich fallen aber auch Kosten für Therapien und pädagogisc­he Unterstütz­ung für Kinder mit sogenannte­n Teilleistu­ngsstörung­en wie Legastheni­e, Dyskalkuli­e, Autismus oder Aufmerksam­keitsstöru­ngen. Auch hier nehmen die Fallzahlen zu und auch hier wurde der Ansatz auf 240 000 Euro aufgestock­t. Der Kreis reagiert auch personell auf die ständig steigenden Fallzahlen in diesem Bereich: Für die Einglieder­ungshilfe soll im Jugendamt eine neue Vollzeitst­elle geschaffen werden.

Daneben ist das Amt für viele weitere Aufgaben zuständig: Das Spektrum reicht von der Unterstütz­ung von Alleinerzi­ehenden und ihren Kindern, Hilfen für junge Familien zum Beispiel durch Kinderkran­kenpfleger­innen und Hebammen, pädagogisc­he Betreuung, bis zur Unterbring­ung von Jugendlich­en mit großen Problemen in Heimen. Das Gesamtbudg­et der Jugendhilf­e steigt um knapp fünf Prozent, der Nettoantei­l des Kreises wächst nicht so stark auf rund acht Millionen Euro. Denn auch die Einnahmen steigen, zum Beispiel durch Kostenbeit­räge von Eltern oder Zuschüssen von Bezirk und Land.

In Zukunft nehmen Hilfen für Flüchtling­sfamilien bei der Erziehung zu

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Bernd Rickmann

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