Deutschland muss aufholen
Das Internet wird schon aus dem Silicon Valley regiert. Doch auch bei zwei weiteren digitalen Zukunftstechnologien sind Amerikaner und Asiaten führend
Künstliche Intelligenz und Elektromobilität sind Megatrends. Doch deutsche Unternehmen gehören nicht zur Weltspitze. Warum das ein Problem ist, beschreibt Jürgen Marks im Leitartikel auf
Es ist zum Verzweifeln. Fast alle Innovationen, die im Internet geschaffen wurden, kommen aus Amerika. Wir suchen mit Google, kaufen bei Amazon, vertreiben uns die Zeit mit Facebook, Instagram oder Youtube.
Das Internet wird längst aus dem Silicon Valley regiert. Dort sind in den vergangenen zwanzig Jahren globale Konzerne entstanden, die mit ihrer Macht und ihrem Geld alles in den Schatten stellen. Allein die Google-Mutterfirma Alphabet ist an der Börse mehr wert als die sechs reichsten deutschen Konzerne – SAP, Siemens, Bayer, Allianz, BASF und VW– zusammen.
Im Internet gibt es für unsere Firmen vergleichsweise nur Brosamen zu verdienen. Die Wertschöpfung und die Monetarisierung unserer Daten finden in den USA statt. Nur autokratische Regime wie in China oder Russland haben ihre Märkte gegen die Kraken erfolgreich abgeschottet. In China heißen Google und Amazon Baidu und Alibaba. Eine erfolgreiche Euro-Suchmaschine gibt es nicht.
Dabei galten gerade deutsche Erfinder immer als besonders innovativ. In der Vor-Internet-Ära haben wir einen grandiosen Wirtschaftsaufschwung hingelegt. Deutschland baut noch heute die wohl besten Autos und Maschinen. Den Titel Exportweltmeister haben wir abonniert.
Doch wie lange noch? Nach der Internet-Pleite drohen Deutschland und Europa auch bei den nächsten Megatrends den Anschluss zu verlieren. Der Automobilbau bewegt sich dynamisch in Richtung Elektromobilität. Die Dieseltechnologie, die deutsche Hersteller trotz des Abgasskandals nahezu perfekt beherrschen, gilt als Auslaufmodell.
China plant ab 2019 ElektroautoQuoten, um die Luft in den Großstädten zu verbessern. Auch in Europas Metropolen werden bald weniger Dieselautos fahren. Die EU-Kommission werkelt bereits an einer eigenen Quote.
VW, Audi, Mercedes und Co. blasen zwar zur Aufholjagd. Doch die meisten Elektroautos bringen chinesische und US-Firmen wie BYD und Tesla auf die Straße. Einzig BMW ist in der Spitzengruppe dabei. Bei der Schlüsseltechnologie, der Herstellung von Batteriezellen, wetteifern koreanische Forscher mit Kollegen aus China und Japan um die Spitze. Auch die BMW-Akkus kommen von Samsung in Südkorea.
Beim vielleicht revolutionärsten Megatrend, der Künstlichen Intelligenz, gehört Deutschland ebenfalls nicht zur Weltspitze. Zwar gibt es erfolgreiche Roboterbauer wie Kuka in Augsburg. Und Top-Wissenschaftler forschen intensiv in Instituten wie der Fraunhofer-Gesellschaft. Doch in unseren Wohnzimmern beantwortet Amazons digitaler Assistent Alexa die Fragen der Generation Internet. Und in den USA entstehen erste Fabriken, die sich selbst steuern. Beim Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Militärtechnik ist China führend.
Natürlich kann man diesen Megatrends kritisch gegenüberstehen. Der britische Astrophysiker Stephen Hawking warnt immer wieder vor selbst lernender Künstlicher Intelligenz, die den Menschen abhängt und einen eigenen Willen entwickelt. Und die Elektromobilität krankt noch an der miesen Öko-Bilanz durch den hohen Energieverbrauch bei der Herstellung der Batterien. Doch zweifelsohne versprechen die Megatrends Elektromobilität und Künstliche Intelligenz in Zukunft Wettbewerbsvorteile und Arbeitsplätze.
Besonders die Wirtschaftslokomotive Deutschland hat viel zu verlieren. Im globalen Wettbewerb braucht es jetzt kluge Politiker, die digitale Technologien fördern, und innovative Unternehmer. Denn wer heute zaudert, wird morgen Arbeitsplätze abbauen müssen.
Wer heute zaudert, baut morgen Arbeitsplätze ab