Der Geist von Adeje
Begegnet der Mensch einem Geist, so ist dies nicht unbedingt als erstrebenswert anzusehen. Denn wer Geister sieht, dem wird gemeinhin unterstellt, dass zwischen seinen Ohren etwas nicht richtig sortiert ist. Der Geist an sich hat es also nicht gut getroffen, könnte man meinen. Allerdings schwebt er nicht nur als Bettlaken mit ausgeschnittenen Augenhöhlen durch die Luft. Geister haben verschiedene Formen gefunden, das Übernatürliche zu verlassen. Sie haben ihr Tätigkeitsfeld erweitert. Sie sind hochprozentig in Flaschen anzutreffen, wirken in der Kreuther Variante politisch oder treten als Spiritus rector auf.
Eine besondere Gattung ist jener Geist, der in Sportmannschaften allgemein und in Fußballmannschaften speziell zu verorten ist. Jenem „Teamgeist“wird nachgesagt, dass er mitunter Berge versetzen kann. Ehe er seine unglaublichen Kräfte entfalten kann, muss der Teamgeist, die Engländer nennen ihn religiös anmutend Spirit, allerdings ganz irdisch geboren werden. Und das nicht irgendwo. Teamgeister erblicken das Licht der Welt in Trainingslagern. Mit Feldbetten und Lagerfeuer hat das nichts gemein, vielmehr residieren die Profikicker in noblen Hotels, genießen Gourmetküche und trainieren bei Sonnenschein teils auf besserem Geläuf als zu Hause. Gäbe es Geburtsurkunden für Teamgeister, so würden sich die Orte ihrer Niederkunft wiederholen. So stehen etwa Marbella oder Alicante in Spanien hoch im Kurs.
Der Geburtsort indes ist wichtig, er kann es mitunter sogar zu Berühmtheit bringen. Niemand würde Malente kennen, eine Gemeinde im Kreis Ostholstein, hätte sich in der dortigen Sportschule nicht regelmäßig die deutsche Fußballnationalmannschaft auf Welt- oder Europameisterschaften eingestimmt. Ob ein Geist in bleibender Erinnerung bleibt, ist eng mit Erfolg verknüpft. Manche Geister werden gerufen, kommen aber nie.
Der FC Augsburg indes blickt auf eine geistreiche Vergangenheit. Unvermeidbar schien der Abstieg vor fünf Jahren, klägliche neun Punkte hatte der Bundesligist in der Vorrunde geholt. Als der Klub in der Winterpause ins türkische Belek reiste, begleiteten ihn Zweifel. Monate später schafften die Augsburger dann tatsächlich den Klassenerhalt – der „Geist von Belek“war geboren. Aktuell plagen den FCA keine Sorgen, der vorzeitige Ligaverbleib ist realistisch. Dass im Sommer über den „Geist von Adeje“geredet wird – eher unwahrscheinlich. Aber vielleicht spukt es dann in Bremen, Hamburg oder Köln.