Wenn der Bauch ständig schmerzt
So behandeln Ärzte der Kliniken an der Paar chronische Gastritis heute auch ohne Operation / Serie (7)
Aichach Friedberg Eine Magenschleimhautentzündung oder Gastritis kann eine alltägliche Befindlichkeitsstörung sein, die von selbst oder mithilfe unterschiedlicher Hausmittel vorübergeht. Es kann aber auch mehr dahinterstecken, und es kann ein Krankenhausaufenthalt nötig sein, wie der kommissarische Chefarzt der Inneren Medizin am Aichacher Krankenhaus, Anastasios Moissidis, berichtet.
Johann F. (Name geändert) ist wegen unklarer Bauchschmerzen vom Hausarzt in die Klinik geschickt worden. Gleich nach der Aufnahme wird F. nach den Worten von Moissidis zur Krankheitsgeschichte befragt: Seit wann bestehen die Beschwerden? Wie äußern sie sich? Was hat F. in den vergangenen Tagen gemacht, was mit seinen Bauchschmerzen in Zusammenhang stehen könnte? Er wird klinisch untersucht, eine Blutprobe wird entnommen. Meist findet im Krankenhaus im Rahmen dieser Basismaßnahmen auch eine Ultraschalluntersuchung statt.
Bei F. wird jedoch darüber hinaus rasch eine Magenspiegelung veranlasst. Es hat sich herausgestellt, dass schwarzer Stuhl (auch „Teerstuhl“genannt) aufgetreten ist, und das deutet auf eine innere Blutung hin. Die Internisten im Krankenhaus müssen sich den Magen von innen ansehen, um die Quelle dieser Blutung zu finden und sie zu stillen.
Medizinisch wird die Innenschau des Magens und des sich anschließenden Zwölffingerdarms als Gastroskopie bezeichnet. Dazu gibt es ein Instrument, das Endoskop. Es ist ein langer, dünner und biegsamer Schlauch, der durch Mund und Speiseröhre bis zum Magen vorgeschoben werden kann. An der Spitze des Geräts befinden sich medizinische Instrumente und eine kleine Kamera, mit der die Magenwände über einen Bildschirm betrachtet werden können. Der Patient liegt dabei auf einer Liege oder einem Bett und ist in der Regel durch ein leichtes Betäubungsmittel in Schlaf versetzt. Man darf allerdings danach 24 Stunden lang nicht Auto fahren; deshalb verzichten manche bei einer Routineuntersuchung auf die Betäubung.
Bis vor einigen Jahrzehnten musste laut Moissidis bei inneren Blutungen fast immer operiert werden. Durch die Endoskopie kann heute ein Bauchschnitt in mehr als 95 Prozent der Fälle vermieden werden. Sie bringt Aufschluss darüber, was mit dem Patienten nicht stimmt. Bei F. stellt sich heraus, dass die Bauchschmerzen von einer chronischen Gastritis, einer Magenschleimhautentzündung herrühren. Mit dem Endoskop hat der Arzt Gewebeproben entnommen; ihre pathologische Untersuchung erbringt, dass F. sich mit Bakterien vom Typ Helicobacter pylori infiziert hat. Durch die Bakterien hat sich die Magenschleimhaut entzündet, ein Geschwür ist entstanden.
Die Erkenntnis, dass eine Magenentzündung von Bakterien herrühren kann, ist noch nicht sehr alt. Zwei australische Forscher, die sich selbst gezielt mit Helicobacter-Bakterien infiziert hatten und darauf Magengeschwüre bekamen, wurden dafür 2005 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Wie die Infektion passiert ist, lässt sich laut Moissidis kaum klären: Man kann etwas berührt haben, das mit Bakterien besiedelt war; dagegen hilft regelmäßiges Händewaschen. Eine Übertragung ist aber auch durch Tröpfcheninfektion möglich, das heißt, man hat Bakterien eingeatmet. Ein Drittel der Deutschen ist bereits mit Helicobacter infiziert (in armen Ländern können es 80 Prozent der Bevölkerung sein), nicht bei jedem kommt es aber zur Erkrankung. Wer mit Helicobacter pylori infiziert ist, hat nach Aussage von Moissidis jedoch ein sechs- bis zehnfach höheres Risiko als Nichtinfizierte, ein Geschwür zu bekommen.
Was muss im Fall von F. nun geschehen? Zunächst wird die Blutung gestoppt. In vielen Fällen stößt man laut Moissidis im Zwölffingerdarm, der sich unmittelbar an den Magen anschließt, auf ein Geschwür. Es handelt sich oft um ein kraterförmiges Gebilde, in dem Blutgefäße offen liegen. Die Blutung wird versorgt. Nun muss noch gegen die Bakterien vorgegangen werden. Dazu steht eine medikamentöse Therapie zur Verfügung, die sogenannte Eradikationstherapie. Das ist eine Kombination aus Antibiotika und magensäurehemmenden Medikamenten (Protonenpumpenhemmern). Zusätzlich muss untersucht werden, ob sich eventuell hinter dem Geschwür Magenkrebs verbirgt (was bei F. glücklicherweise nicht der Fall ist).
Bringt die Eradikationstherapie keinen Erfolg, so muss sie laut Moissidis auf andere Antibiotika umgestellt werden – die sogenannte Zweitlinientherapie beginnt. Dr. Anastasios Moissidis studierte Medizin an der Ludwig Maximilians Uni versität in München. Er absolvierte Zusatzausbil dungen als Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin sowie für Notfallmedizin. Berufliche Stationen waren unter anderem das Krankenhaus Friedberg, die Klinik Bogenhausen und das Klinikum Augsburg im Rah men einer Weiterbildung zum Gas troenterologen. Seit April 2017 ist Moissidis kommissarischer Chefarzt der Inneren Medizin – Gastroenterolo gie am Krankenhaus Aichach. (AN)