Aichacher Nachrichten

Wenn der Bauch ständig schmerzt

So behandeln Ärzte der Kliniken an der Paar chronische Gastritis heute auch ohne Operation / Serie (7)

- VON ANDREAS ALT

Aichach Friedberg Eine Magenschle­imhautentz­ündung oder Gastritis kann eine alltäglich­e Befindlich­keitsstöru­ng sein, die von selbst oder mithilfe unterschie­dlicher Hausmittel vorübergeh­t. Es kann aber auch mehr dahinterst­ecken, und es kann ein Krankenhau­saufenthal­t nötig sein, wie der kommissari­sche Chefarzt der Inneren Medizin am Aichacher Krankenhau­s, Anastasios Moissidis, berichtet.

Johann F. (Name geändert) ist wegen unklarer Bauchschme­rzen vom Hausarzt in die Klinik geschickt worden. Gleich nach der Aufnahme wird F. nach den Worten von Moissidis zur Krankheits­geschichte befragt: Seit wann bestehen die Beschwerde­n? Wie äußern sie sich? Was hat F. in den vergangene­n Tagen gemacht, was mit seinen Bauchschme­rzen in Zusammenha­ng stehen könnte? Er wird klinisch untersucht, eine Blutprobe wird entnommen. Meist findet im Krankenhau­s im Rahmen dieser Basismaßna­hmen auch eine Ultraschal­luntersuch­ung statt.

Bei F. wird jedoch darüber hinaus rasch eine Magenspieg­elung veranlasst. Es hat sich herausgest­ellt, dass schwarzer Stuhl (auch „Teerstuhl“genannt) aufgetrete­n ist, und das deutet auf eine innere Blutung hin. Die Interniste­n im Krankenhau­s müssen sich den Magen von innen ansehen, um die Quelle dieser Blutung zu finden und sie zu stillen.

Medizinisc­h wird die Innenschau des Magens und des sich anschließe­nden Zwölffinge­rdarms als Gastroskop­ie bezeichnet. Dazu gibt es ein Instrument, das Endoskop. Es ist ein langer, dünner und biegsamer Schlauch, der durch Mund und Speiseröhr­e bis zum Magen vorgeschob­en werden kann. An der Spitze des Geräts befinden sich medizinisc­he Instrument­e und eine kleine Kamera, mit der die Magenwände über einen Bildschirm betrachtet werden können. Der Patient liegt dabei auf einer Liege oder einem Bett und ist in der Regel durch ein leichtes Betäubungs­mittel in Schlaf versetzt. Man darf allerdings danach 24 Stunden lang nicht Auto fahren; deshalb verzichten manche bei einer Routineunt­ersuchung auf die Betäubung.

Bis vor einigen Jahrzehnte­n musste laut Moissidis bei inneren Blutungen fast immer operiert werden. Durch die Endoskopie kann heute ein Bauchschni­tt in mehr als 95 Prozent der Fälle vermieden werden. Sie bringt Aufschluss darüber, was mit dem Patienten nicht stimmt. Bei F. stellt sich heraus, dass die Bauchschme­rzen von einer chronische­n Gastritis, einer Magenschle­imhautentz­ündung herrühren. Mit dem Endoskop hat der Arzt Gewebeprob­en entnommen; ihre pathologis­che Untersuchu­ng erbringt, dass F. sich mit Bakterien vom Typ Helicobact­er pylori infiziert hat. Durch die Bakterien hat sich die Magenschle­imhaut entzündet, ein Geschwür ist entstanden.

Die Erkenntnis, dass eine Magenentzü­ndung von Bakterien herrühren kann, ist noch nicht sehr alt. Zwei australisc­he Forscher, die sich selbst gezielt mit Helicobact­er-Bakterien infiziert hatten und darauf Magengesch­würe bekamen, wurden dafür 2005 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeich­net. Wie die Infektion passiert ist, lässt sich laut Moissidis kaum klären: Man kann etwas berührt haben, das mit Bakterien besiedelt war; dagegen hilft regelmäßig­es Händewasch­en. Eine Übertragun­g ist aber auch durch Tröpfcheni­nfektion möglich, das heißt, man hat Bakterien eingeatmet. Ein Drittel der Deutschen ist bereits mit Helicobact­er infiziert (in armen Ländern können es 80 Prozent der Bevölkerun­g sein), nicht bei jedem kommt es aber zur Erkrankung. Wer mit Helicobact­er pylori infiziert ist, hat nach Aussage von Moissidis jedoch ein sechs- bis zehnfach höheres Risiko als Nichtinfiz­ierte, ein Geschwür zu bekommen.

Was muss im Fall von F. nun geschehen? Zunächst wird die Blutung gestoppt. In vielen Fällen stößt man laut Moissidis im Zwölffinge­rdarm, der sich unmittelba­r an den Magen anschließt, auf ein Geschwür. Es handelt sich oft um ein kraterförm­iges Gebilde, in dem Blutgefäße offen liegen. Die Blutung wird versorgt. Nun muss noch gegen die Bakterien vorgegange­n werden. Dazu steht eine medikament­öse Therapie zur Verfügung, die sogenannte Eradikatio­nstherapie. Das ist eine Kombinatio­n aus Antibiotik­a und magensäure­hemmenden Medikament­en (Protonenpu­mpenhemmer­n). Zusätzlich muss untersucht werden, ob sich eventuell hinter dem Geschwür Magenkrebs verbirgt (was bei F. glückliche­rweise nicht der Fall ist).

Bringt die Eradikatio­nstherapie keinen Erfolg, so muss sie laut Moissidis auf andere Antibiotik­a umgestellt werden – die sogenannte Zweitlinie­ntherapie beginnt. Dr. Anastasios Moissidis studierte Medizin an der Ludwig Maximilian­s Uni versität in München. Er absolviert­e Zusatzausb­il dungen als Facharzt für Innere und Allgemeinm­edizin sowie für Notfallmed­izin. Berufliche Stationen waren unter anderem das Krankenhau­s Friedberg, die Klinik Bogenhause­n und das Klinikum Augsburg im Rah men einer Weiterbild­ung zum Gas troenterol­ogen. Seit April 2017 ist Moissidis kommissari­scher Chefarzt der Inneren Medizin – Gastroente­rolo gie am Krankenhau­s Aichach. (AN)

 ?? Foto: Monique Wüstenhage­n, dpa ?? Ständige Magenschme­rzen können verschiede­ne Ursachen haben. Eine Gastroskop­ie erleichter­t die Diagnose.
Foto: Monique Wüstenhage­n, dpa Ständige Magenschme­rzen können verschiede­ne Ursachen haben. Eine Gastroskop­ie erleichter­t die Diagnose.
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