Wenn Engagement zum Trend wird
Immer mehr Unternehmen tun Gutes für die Gesellschaft. Sie unterstützen Projekte finanziell oder stellen ihre Mitarbeiter zur Verfügung. Manche kostet das Millionen, sie profitieren aber auch davon
Tausende Herzen blinken auf der Tribüne des Curt-Frenzel-Stadions – sie leuchten für den guten Zweck. Zum dritten Mal organisierten kurz vor Weihnachten die Lechwerke (LEW) bei den Augsburger Panthern das „Spiel der Herzen“, bei dem die Zuschauer vor Beginn der Partie gegen eine Spende leuchtende Herzanstecker bei den LEW-Azubis erwerben konnten. Die Einnahmen kamen der Stiftung „Bunter Kreis“zugute, die schwerkranke Kinder und deren Familien unterstützt.
Solches, von Unternehmen gesponsertes soziales Engagement, kommt immer häufiger vor. Das Zauberwort lautet Corporate Citizenship – zu deutsch: gesellschaftliches Engagement. Dabei agieren die Unternehmen als gute Bürger, denen verantwortungsvolles Handeln am Herzen liegt. Bei großen deutschen Konzernen ist das bereits seit Anfang der 2000er Jahren Mode, inzwischen engagieren sich auch zunehmend mittelständische Unternehmen.
Die Ursprünge einer gesellschaftlich verantwortlichen Unternehmensführung liegen weit zurück und sind auch in Augsburg zu finden. Gerade die Fugger waren es, die gesellschaftsbezogenes Engagement als Leitlinie der Unternehmensführung begriffen. Schon damals sahen sie es als ihre moralische,
Hilfsorganisationen sind auf Unterstützung angewiesen
christliche Pflicht an, sich für das Wohl der Arbeiter und deren Familien einzusetzen.
Das hat sich über die Jahre kaum geändert. In der Loge der LEW im Eisstadion beschreibt Thomas Renz die Motivation seines Unternehmens, sich sozial zu engagieren: „Wir sind regional verwurzelt, seit über 115 Jahren. Unsere Mitarbeiter kommen von hier. Darum ist ein solches Engagement Teil unseres Selbstverständnisses.“Für Einrichtungen wie den „Bunten Kreis“ist diese Selbsteinschätzung überlebenswichtig. „Heute sind für uns Sponsoren so notwendig wie im Sport. Eine solche Aktion wie das ‚Spiel der Herzen‘ könnten wir alleine niemals organisieren“, sagt Horst Erhardt, der Geschäftsführer der Stiftung. Das Geld, es waren beim Spiel der Herzen 20000 Euro, die zusammengekommen sind, werden für das Kerngeschäft des Bunten Kreises verwendet: die Nachsorge und damit die Begleitung der Familien aus dem Krankenhaus in ein geregeltes Alltagsleben.
Ein weiteres Schwergewicht in der Region, wenn es um den sozialen Einsatz von Unternehmen geht, ist neben der LEW die Stadtsparkasse. Sie unterstützt unter anderem die Augsburger Tafel, die Klinik Clowns, die Arbeiterwohlfahrt, den Caritasverband, Hospizgruppen, Kindergärten und Schulen. So hat die Sparkasse 2017 insgesamt fast zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt und betont, für das Gemeinwohl finanziell, inhaltlich und personell Sorge tragen zu wollen.
Schon länger bemerkt Wolfgang Krell vom Freiwilligen-Zentrum Augsburg, dass das Corporate Citizenship sich in den letzten Jahren daneben auch bei mittelständischen Unternehmen zu einer Mode entwickelt. Das Zentrum bietet unter anderem Unternehmen an, sie beim sozialen Engagement zu unterstützen. „Es werden in den letzten Jahren immer mehr Unternehmen, die sich einbringen. Der Trend kam eigentlich aus München, wo eher die internationalen Konzerne das begonnen haben und dann griff das auch auf hiesige Firmen über.“Mit dabei sind in Augsburg unter anderem die Ist Energieplan GmbH, de- Mitarbeiter die Räume eines Kindergartens neu gestrichen haben, und Explido, die sich mit dem Freiwilligenzentrum gerade nach einem passenden Projekt umsieht.
Wie sich Firmen heute konkret gesellschaftlich einbringen, kann dabei unterschiedlich aussehen. Experten unterscheiden zwischen „Corporate Giving“, also dem Einsatz von Geld- und Sachmitteln für den sozialen Zweck und „Corporate Social Responsibility“. Hier werden die Mitarbeiter für die gemeinnützige Tätigkeit eingesetzt. Das macht zum Beispiel die Augsburger Firma WashTec, indem sie ihre Auszubildenden während einer sozialen Woche auf den Ziegelhof des Bunten Kreises schickt, wo diese helfen, den Hof instand zu halten, damit dort pflegebedürftigen Kindern weithin tiergestützte Therapien angeboten werden können.
Dass das soziale Engagement nicht nur den Hilfebedürftigen zugutekommt, sondern auch handfeste Vorteile für die Unternehmen selbst bringt, wird von Firmenchefs gerne als netter Nebeneffekt abgetan. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hat jedoch in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass zwischen Umsatz und sozialem Engagement eine klare Verbindung besteht. Wer sich um das Wohl seiner Gesellschaft sorgt, erfährt ein besseres Image und daren mit mehr kaufwillige Kunden. Auch beim Bewerber kommen sozial eingestellte Unternehmen besser an. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kein unwesentlicher Vorteil.