Sex im Kino?
Natürlich steht dieses Thema jetzt nicht ganz zufällig neben dem dritten Teil von „Fifty Shades of Grey“. Der hat wie die ersten beiden hierzulande eine Altersfreigabe ab 16 Jahren bekommen – in den USA dagegen gibt es zwei Versionen, die für Zuschauer unter 18 ist um gute 13 Minuten gekürzt. Aber das hat nun nichts mit aktuellen Debatten in der Filmwelt zu tun, sondern ist einer längst sattsam bekannten Sensibilität bei allem Unverhüllten dort geschuldet, wie sie bei Gewaltdarstellungen dagegen nicht auszumachen ist. Zumindest das ist so, wie es immer war.
Denn ansonsten hat sich ja alles geändert. Manch einer mag sich noch erinnern, dass das örtliche Kino ums Eck, im Hinterhof, eigene Vitrinen mit den Ankündigungen von „Erwachsenenfilmen“hatte – und dazu womöglich einen separaten Eingang irgendwo zwischen Mülltonnen. Ein verstecktes Zusatz-Angebot als Antwort der Provinz auf die spezialisierten Pornokinos in den Großstädten. Mit den Videotheken und ihren Extraräumen hinter schweren Vorhängen aber ist all das längst ins Internet abgewandert. Und man muss dem an sich zwar keine Nostalgieträne nachweinen – aber womöglich hatte diese zugangsbeschränkte Existenz am Rande der Gesellschaft doch etwas für sich im Vergleich zur schrankenlosen Einklickmöglichkeit in die virtuellen Räume.
Dafür haftet Filmen, die explizite Sex-Szenen ins Kino bringen, etwas Skandalöses und Verruchtes an. Das war bei Lars von Triers „Nymphomaniac“-Doppel so, das war zuvor bei „Intimacy“und „Baise-moi“so – fast wie einst, in keuscheren Zeiten, bei „Im Reich der Sinne“, Bertoluccis „Der letzte Tango in Paris“oder bei „Die Geschichte der O.“– bereits 40 Jahre vor „Fifty Shades“ein prominentes Sado-Maso-Drama. Das Kino ist gerade durch die Ausweitung der privaten Rückzugsräume im Netz viel bewusster zu einem Ort der Öffentlichkeit geworden. Am Sex scheiden sich die Geister. An der Gewalt, auch bei uns, viel weniger.