Barock trifft auf Abstraktion
Ausstellung Seit seiner Jugend setzt sich Manfred Vogt mit den Gemälden im Schaezlerpalais auseinander. Eine Ausstellung eigener Bilder führt ihn nun an den Ort seiner ersten Kunstbegegnung zurück
Die Verbindung zu den Gemälden im Schaezlerpalais währt schon ewig. Als Manfred Jacob Vogt noch in Augsburg zur Schule ging, in den späten 1950er und 1960er Jahren, sah er sich Barockgemälde an, während die Klassenkameraden auf dem Sportplatz spielten. „Das war schon ungewöhnlich“, sagt er. So fangen Künstlerkarrieren an. Und nun kommt Vogt an den Ort seiner ersten Kunstbegegnungen zurück und verdrängt sogar die Barockbilder aus dem zweiten Stock des Schaezlerpalais. Dort sind jetzt unter dem Titel „Mit den Farben des Barock“mehr als 50 Arbeiten von Vogt zu sehen.
Es schließt sich also ein Kreis. Der Künstler zeigt jetzt, was aus dem Schüler von einst geworden ist, der diese Barockbilder nicht mehr aus dem Kopf bekommen hat. „Die- se Epoche hat mich mein Künstlerleben lang begleitet“, sagt Vogt. An der Akademie wollte er wissen, wie die Barockmaler gearbeitet haben, also hat er sie als Student kopiert. Johann Heinrich Schönfeld etwa. Er hat sich nur den Ausschnitt eines Gemäldes genommen und wollte wissen, in welcher Reihenfolge er die dünnen Farbschichten auftragen musste, um Schönfelds Farbtöne zu bekommen. „Malen ist mischen“, sagt er. Und die Methoden von damals hat Vogt von Anfang an in seine künstlerische Gegenwart geholt. Den mehrfachen Farbauftrag, das Verwenden von natürlichen, oft selbst gesammelten Pigmenten. Aber Vogt hat damit abstrakte Landschaften geschaffen, später auch noch reduziertere Farbfelder.
Es hat sich also perfekt getroffen, dass die Augsburger Kunstsammlungen auf ihn zugekommen sind und gefragt haben, ob er sich nach Hann Trier und Max Kaminski als dritter zeitgenössischer Künstler mit dem Barock im Schaezlerpalais auseinandersetzt. Vogt, der in München und bei Castel Gandolfo in Rom lebt, hatte sich selbst vorgenommen, die Fresko-Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts genauer zu untersuchen. Für die Ausstellung im Schaezlerpalais hat er das mit größerem Nachdruck und vor allem auch mit dem Ziel gemacht, eigene Arbeiten zu schaffen – „Antworten aus der Gegenwart“.
Erst einmal sind die Farben für Vogts Antworten zentral. Er hat nur die Pigmente verwendet, die auch die Barockmaler benutzten. Und er hat sich dann eingehend damit beschäftigt, in welchen Nuancen diese Farben von einzelnen Malern eingesetzt worden sind. Die blauen Himmel von Tiepolo etwa: „Das meiste davon besteht aus einem Grau bis Blaugrau.“Einfach aufgetragen wirkt dieser Farbton matt, erst im Kontrast mit Gelb- und BeigeTönen fängt das Blaugrau zu leuchten an.
In der Ausstellung sind in Vitrinen die Pigmente zu sehen, die Vogt verwendet hat. Außerdem zeigen seine Farbstudien, wie er die Barockbilder für sich entschlüsselt. Entweder auf kleinen Blättern Quadrate in verschiedenen abgestuften Farbtönen oder dann diagonal aufgetragene Farbstreifen, die die Farbpalette des Barocks aufschlüsseln und gleichzeitig eine rätselhafte Wirkung entfalten. Minimalistische Kunst, aber nicht mit knalligen Farben, sondern den gedeckten Tönen des Barocks. Das erzeugt eine eigene Spannung.
Vogt hat aber auch thematisch auf die Barockmalerei geantwortet: In einer Bildserie hat Vogt abstrakte, fast einfarbige Himmel geschaffen, die durch den Strich und kleine Farbverschiebungen in Bewegung geraten. Dann ist es das Wasser auf Barockgemälden, das ihn zur Serie „Onda“, also „Welle“, animiert hat. Keine großen Brecher, sondern das immer gleiche Auf und Ab, das Vogt raffiniert variiert.
Wie viel Barock die abstrakten Arbeiten von Vogt in sich tragen, spürt man auch, wenn man sie in der Umgebung des Schaezlerpalais sieht. Die Räume dort haben ja keine weißen Flächen, auf denen erst einmal jedes Bild präsentiert werden kann, die Räume dort haben alle einen eigenen, anderen Farbton. Und Vogts Bilder harmonieren mit dieser Umgebung perfekt. Ein Hingucker! ⓘ
Laufzeit der Ausstellung bis 24. Juni im zweiten Stock des Schaezlerpalais. Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Zur Ausstellung ist ein 94 seitiger, reich bebilderter und informativer Katalog erschienen.