Musik mit viel Energie
Das Schwäbische Jugendsinfonieorchester sorgt zum Abschied von Dirigent Allan Bergius mit Bartók und Brahms für Furore
In zwei Werken, die auf unterschiedliche Weise offene und versteckte Energieströme in Melodien, Klangfelder oder musikalische Figuren umwandeln, zeigte das Schwäbische Jugendsinfonieorchester (SJSO) wieder einen erstaunlichen Leistungsstand. Allan Bergius, der ja das Dirigentenpult verlässt, forderte in seinem letzten Konzert im Kongress am Park seinen „geliebten“jungen Musikern mit Johannes Brahms und Béla Bartók alles ab – und bekam viel zurück vom großartigen Nachwuchs, ebenso das begeisterte Publikum.
„Per aspera ad astra“entwickelt Brahms in seinem 1. Klavierkonzert d-Moll aus einer Art Urgrollen den Verlauf des Werks, bis sich nach dem Gang durch düstere Themenlabyrinthe brillantes Licht entfalten darf. Dafür steht die riesige Exposition mit ihren knorrigen Trillern, „unbehauenen“Klangblöcken des erdigen Hauptthemas, bevor das Klavier einsetzt. Dies geschieht aber mit der lichten lyrischen Abart der Nebenthemas – eine überraschende, geniale Dramaturgie.
Hier kam Julia Rinderle ins Spiel. Die junge Pianistin, die sich bereits einen Namen gemacht hat, kostete diesen Kontrastmoment nicht in oberflächlicher Reizspannung aus, sondern spann den Faden Brahms’scher Themenkunst organisch weiter. Sie machte sein LichtSchattenspiel plausibel, forcierte nicht unangemessene Soli, gab aber auch treffender Akzentuierung Raum. Ihr intelligentes Spiel bereitete die Wärme des Adagios vor. Und sie konnte im energiegesättigten Finale technische Brillanz, eine differenzierte Ausdruckspalette umso eindrucksvoller realisieren. Die heiklen Orchesterpassagen, die nicht immer die Spannung hielten, kamen so gut zur Geltung.
Nach der Pause sorgte das SJSO für Furore – und war selbst so etwas wie ein Riesen-Solist. Béla Bartóks „Konzert für Orchester“ist eine Huldigung an die Instrumente in einer an Farbe kaum zu übertreffenden Partitur, und deshalb keine Sinfonie im traditionellen Sinn. Angetrieben von teils lauernden, teils ekstatisch explodierenden Energieströmen zaubert Bartók musikalische Ereignisse auf eine „Bühne“, in der die Instrumente mal Gestalten, mal Kulisse generieren. Eingerahmt von wuchtig ausbrechenden Ecksätzen ereignet sich Drama ebenso wie quasi „Commedia del arte“mit dem skurrilen Auftritt der Bläserpaare (Fagott, Oboe, Klarinette, Flöte, Trompete, umtänzelt von der kleinen Trommel), da wird Operettenseligkeit („Heute geh’n wir ins Maxim“) durch den Kakao gezogen, da spukt in der Mitte eine geheimnisvolle Elegie.
Was Allan Bergius und seine jungen Musiker hier boten, an messerscharfer Präzision, tollem Phrasentiming, an technischer Rasanz (etwa Streicher im Finale!), war hinreißend und mehr als „konzertreif“. Tosender Applaus und dazu ein schwungvoller Ungarischer Tanz von Brahms.