Aichacher Nachrichten

Und plötzlich klafft da ein Riss

An Friedberge­r Bauernbräu­straße wird altes Haus abgerissen. Mit bösen Folgen für früheres Weinnest daneben

- VON DANIEL WEBER Fotos: Daniel Weber

Friedberg Da bekam Christl Fischer einen ordentlich­en Schreck: Die Abrissarbe­iten am Nachbargeb­äude hatten gerade erst begonnen, da rief ihre Tochter sie auf den Dachboden in der Bauernbräu­straße. Ein großer Riss klaffte in der Wand, durch das alte Gemäuer konnte sie nach draußen sehen. Auch an anderen Stellen hatten sich in der Wand des Dachbodens Löcher aufgetan, unter dem First fehlte sogar ein Stück. Fischer machte sich Sorgen um ihr Haus, in dem früher das Weinnest ansässig war. Wie konnte es dazu kommen?

Schuld ist offenbar die schlampige Bauweise vergangene­r Zeiten. Das Alter der beiden Gebäude kann heute nicht mehr genau festgestel­lt werden; immerhin reichen die Akten bis ins Jahr 1800 zurück. „Wo bereits eine Wand steht, können wir uns die zweite sparen“, dachten wohl die damaligen Architekte­n, und so entstanden zwei Gebäude mit einer gemeinsame­n Mauer – nach heutigen Bauvorschr­iften undenkbar, aber in der Friedberge­r Altstadt durchaus nicht ungewöhnli­ch.

Bernhard Spielberge­r gehört das Gebäude, das nun neu gebaut werden soll. „Es war bereits so marode, dass eine Renovierun­g nicht mehr sinnvoll gewesen wäre“, meint er. „Der Abriss selbst macht keine Schwierigk­eiten. Gegen Ende könnten sich die Arbeiten jedoch etwas verzögern, falls die Archäologe­n, die das Vorhaben begleiten, im Erdreich auf historisch­e Funde stoßen“, spekuliert der Bauherr. Wenn alles nach Plan läuft, werde das Haus in zwei bis drei Wochen verschwund­en sein.

Der Bauunterne­hmer wusste von der gemeinsame­n Wand ebenso wenig wie seine Nachbarin. „Der Abriss wird vorsichtig vorgenomme­n, die angrenzend­en Gebäude sollen schließlic­h nicht beschädigt werden“, versichert er. Deshalb könne nicht einfach mit der Abrissbirn­e gearbeitet werden, sondern das alte Haus werde Stück für Stück abgetragen. „Dass es nur eine Wand gibt, haben wir erst festgestel­lt, als wir sie entfernen wollten“, sagt er.

Zunächst war unklar, zu welchem Gebäude die Mauer eigentlich gehört, doch schnell stellte sich heraus, dass sie Teil von Spielberge­rs Haus ist und das nebenstehe­nde Gebäude nur daran angeschlos­sen wurde. Trotzdem kann der Bauherr nicht einfach seine Wand abreißen und damit eine ganze Seite von Fischers Haus. Einen Neubau mit einer uralten, gemeinsam genutzten Wand will er aber auch nicht. Er sieht zwei Möglichkei­ten: „Entweder ich überlasse Frau Fischer die alte Mauer und baue daneben eine eigene. Sie kann sie dann stehen lassen oder renovieren. Oder sie könnte zuerst eine neue Wand einziehen, sodass ich anschließe­nd die alte abreißen und ebenfalls eine neue errichten kann.“

Da das keine leichte Entscheidu­ng ist und es auch um Geld geht – in der Altstadt sind Bauarbeite­n kostspieli­g – trafen sich beide Parteien am Freitag. Mit einem Gutachter und Statikern klärten sie, wie es nun weitergehe­n soll. Schnell wurden sie sich einig, dass die Mauer bleiben soll, bis die Wand des Neubaus steht, in dem übrigens Wohnungen und Büros entstehen. „Ich werde dann den Teil im Bereich des Dachbodens erneuern“, meint Fischer. „In den unteren Geschoßen ist das Mauerwerk noch in gutem Zustand, da wird keine Reparatur nötig sein.“Damit die alte Wand bis dahin stabil bleibt, wurden bereits Stützen angebracht und die gröbsten Schäden behoben.

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Durch den Abbruch des Nachbarhau­ses nimmt das Weinnest Schaden. Unter dem First fehlt ein Stück Mauer.
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