Gefährliches Lehrerleben
So erwünscht es ist, dass sich Eltern um die Bildung ihrer Kinder kümmern, für die Lehrer kann es auch lästig sein. Vor allem dann, wenn der Vater ein absoluter Herrscher im Preußen des 18. Jahrhunderts ist und engstirnige Vorstellungen von der Erziehung seines Sohnes hat. Da kann es schon mal passieren, dass sich der Lehrer in einem Schrank verstecken muss, wenn Vater zur Kontrolle vorbeischaut.
Jedenfalls rettete so ein Schrank- versteck den Musiklehrer Johann Quantz im Jahr 1728 vor dem königlichen Zorn. Friedrich Wilhelm, der „Soldatenkönig“, bestand darauf, dass Friedrich, sein ältester Sohn und Thronerbe, konsequent zum Soldaten erzogen wurde. Die Querflöte, die Johann Quantz dem jungen Fritz näherbrachte, gehörte nicht in Vaters militärischen Kanon. Sobald der König erfuhr, dass seinem Sohn solche sanften Flötentöne beigebracht wurden, sprach er ein striktes Verbot aus. Quantz musste sich eine neue Arbeit Vor suchen, setzte aber den Unterricht heimlich fort, notfalls durch Flucht in den Schrank.
Ein anderer Lehrer des preußischen Thronfolgers musste sich zwar nicht im Schrank verstecken, aber er fiel in Ungnade, als sein
Zögling gegen den Vater rebellierte. Der Lehrer wurde für mitschuldig befunden und ins hinterste Ostpreußen verbannt. Vor seiner Verbannung war Jacques Égide Duhan, ein Hugenotte in Berlin, viele Jahre lang Friedrichs Hauslehrer. Er sollte dem Jungen Rechnen und Geografie beibringen, zwei praktische, militärisch verwendbare Fächer. Doch unter ständiger Gefahr, vom König entdeckt und bestraft zu werden, sorgte er Jahren heimlich auch für die kulturelle Erziehung seines Schützlings. Er brachte dem Thronfolger Philosophie, Literatur, französische Sprache und Lebensart nahe. Als Friedrich 1840 den Thron bestieg, zeigte er bald zwei Gesichter: Ganz im Sinne seines Vaters machte er als preußischer Eroberer Geschichte. Aber ebenso wichtig ist das Bild des französisch parlierenden, aufgeklärten, reformfreudigen Monarchen mit einer lebenslangen Liebe zum Flötenspiel. Dass ein so kultivierter König auf dem Thron saß, verdankte Preußen den beiden ungehorsamen Lehrern Jacques Égide Duhan und Johann Quantz. Auch der Ehrentitel „Friedrich der Große“gebührt wohl nicht nur dem Soldaten, sondern ebenso dem gebildeten und kunstsinnigen Monarchen.