Größten Maibaum geklaut
Sielenbacher stehlen Rekord-Douglasie
Aichach Friedberg Auch heuer geht’s hoch hinaus – das betrifft nicht nur die vielen Maibäume und ihre Feste im Wittelsbacher Land, über die wir auf unserer Sonderseite einen Überblick verschaffen.
Nein, das dachten sich vielmehr auch die jungen Männer vom Burschenverein Sielenbach. In einer Nacht- und Nebelaktion machten sie sich zusammen mit dem Burschenund Mädchenverein Randelsried auf, um im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm den größten Maibaum Deutschlands zu stehlen: ein 50 Meter langes und neun Tonnen schweres Exemplar. Weil dieser Baum aber für die Nordsee bestimmt war, kam es zu einigen Verwicklungen und Streit. Da musste sogar die Polizei ran, um zu schlichten.
Hohenwart/Sielenbach Wie lang brauchen 48 junge Burschen, um einen 50 Meter langen und neun Tonnen schweren Maibaum zu stehlen? Wenn sie sich so geschickt anstellen wie der Burschen- und Mädchenverein Randelsried Asbach (Landkreis Dachau) und der Burschenverein Sielenbach, dann sind es genau acht Minuten. Und dabei handelt es sich um Deutschlands größten Maibaum. An der dicksten Stelle hat die Douglasie aus dem Schwarzwald einen Durchmesser von 1,10 Metern.
Der Baum ist eigentlich nicht für Bayern bestimmt, er wurde hier lediglich gestaltet. Ziel des Riesen ist die Stadt Nordenham in Niedersachen, an der Nordsee. Dort wird im Stadtteil Abbehausen vor dem Landhotel am Butjadinger Tor seit 1985 alle fünf Jahre ein neuer Maibaum fern der bayerischen Heimat aufgestellt. Geschäftsführer des Landhotels Udo Venema musste sich nun unerwarteterweise auf Verhandlungen um die Auslöse des Baums einlassen.
Engelbert Seemüller aus Ilmmünster im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm und Willi Graßl, Vorsitzender des MSC Ilmmünster, der den Baum in den vergangenen Wochen bemalt und hergerichtet hat, vertreten Udo Venema bei den Verhandlungen. Circa 100000 Euro kostet der Werdegang eines solchen MegaMaibaums von der Fällung über den Transport nach Bayern, die Bearbeitung und daraufhin den Weitertransport an die Nordsee, wo er am 10. Mai eintreffen soll, um dann am 12. Mai feierlich aufgestellt zu werden. Selbstredend, dass die beiden beteiligten Burschenvereine eine angemessen hohe Auslöse fordern.
Es war eigentlich reiner Zufall, dass die Burschen auf den besonderen Maibaum aufmerksam wurden: ein Mitglied des Burschenvereins Randelsried entdeckte bei einer nächtlichen Autofahrt in der Nähe von Hohenwart im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm den auf dem Gutshof Englmannsberg liegenden Baum. Nach kurzen Nachforschungen war sofort klar, um welchen besonderen Baum es sich handelte. So reifte der Plan über einige Tage und einen gescheiterten Versuch, den Baum zu stehlen. Schnell war klar, dass ein Verein alleine von der Größe des Baumes überfordert wäre – und so kam es zur Zusammenarbeit mit dem Partnerverein Sielenbach. Inzwischen waren nach dem missglückten ersten Versuch sogar Kameras installiert worden, um einen Diebstahl des Baums zu verhindern.
Nachdem in der Nacht auf vergangenen Samstag 48 Burschen mitsamt Ausrüstung und selbstgebastelten Hilfsmitteln gestartet waren, um den Coup auszuführen, war die Nacht- und Nebelaktion erstmal nach nur acht Minuten von Erfolg gekrönt. Der Baum war aufgeladen und setzte sich in Bewegung. Kurz vor dem Ziel, dem Nachbarsort Koppenbach, wurden die Diebe allerdings vom MSC Ilmmünster gestellt. Unter Androhung einer Strafanzeige wegen Diebstahls, Einbruchs, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung wurde der Schwertransport am Weiterfahren gehindert, um auf die Polizei zu warten. Schließlich handle es sich hier nicht um einen Maibaum, sondern um eine geschäftliche Marketing-Investition des Hotels in Nordenham. Daher falle die Sachlage nicht unter die Tradition des Maibaum-Stehlens, so die Argumentation des MSC Ilmmünster.
Dies sah die Polizei allerdings anders, die zum Schlichten herbeigerufen wurde. Sie befand, dass der Baum sehr wohl wie ein Maibaum aussehe. Obwohl theoretisch der Sachverhalt des Diebstahls erfüllt sei, würden hier doch im April in Bayern betreffs blau-weißer Baumstämme etwas andere Regeln gelten. Man einigte sich darauf, den Baum in Koppenbach zu deponieren. Dies wäre ohnehin das Ziel gewesen, da es aufgrund seiner Größe unmöglich gewesen wäre, ihn nach Randelsried oder Sielenbach zu bringen.
Gegen sieben Uhr morgens fand also der Baum seinen vorübergehenden Platz. Dort wartet er nun unter ständiger Bewachung auf das Ende der Auslöseverhandlungen. Bis auf den Termin ist man sich auch schon über die Höhe einig. Die Rückgabe des Baums wird Eigentümer Venema 70 Portionen Braten mit Soße und Beilagen sowie Freibier für 70 Burschen plus zehn extra Kästen Bier für die Zeit während der Bewachung in Koppenbach kosten. Sind die Verhandlungen erst ganz abgeschlossen, wird der Baum nach Englmannsberg zurücktransportiert. Ein Maibaum-Diebstahl von dem man noch lange von Bayern bis an die Nordsee sprechen wird.
Ein Diebstahl, von dem von Bayern bis an die Nordsee noch lange die Rede sein wird