Kunst, die sich in die Schaufenster schmiegt
Die Kunstmeile zeigt nicht nur Werke im Rathaus. Auch in den Auslagen vieler Geschäfte in der Aichacher Innenstadt werden Bilder und Arbeiten drapiert und zuweilen so mit den Waren in Szene gesetzt, dass sie nicht gleich auffallen. Das überrascht so manch
Aichach Wenn Kunst im öffentlichen Raum das Lebensgefühl einer Stadt widerspiegelt, dann ist Aichach ganz vorne mit dabei. Die 16. Kunstmeile ist da wie ein Sahnehäubchen auf die seit Jahren vorangetriebenen kunstvollen Anstrengungen der Stadt. Bürgermeister Klaus Habermann bezog in seiner Eröffnungsrede die diversen öffentlich zugänglichen Installationen und begrünten Anlagen entlang der Paar mit ein. „Wir haben inzwischen ein Lebensgefühl erreicht, das Kunst und Kultur unentbehrlich werden lässt“, sagte er stolz.
Die Kunstmeile reihe sich ein in die sehr lebendige, fantasievolle, tolerante und innovative städtische Befindlichkeit. Kunst und Kultur erlaubten dem Individuum, sich im Hier und Jetzt zu verorten, das Heute besser zu begreifen und das Morgen mit Lust anzugehen, so der Bürgermeister. Es bleibe der Spagat zwischen Kunst und Kommerz, denn, so Habermann, es gehöre nicht unmittelbar zum „Kerngeschäft“des Handels, sich auch noch künstlerisch zu betätigen. Umso herzlicher richtete sich sein Dank an die 18 beteiligten Geschäfte, die ihre Auslagen mit den einzelnen Kunstwerken bestückt hatten. 17 Künstler nahmen an der diesjährigen Ausschreibung teil, weniger als im vergangenen Jahr. Das liege an Terminüberschneidungen einzelner Künstler, erklärte Aurelija Igel vom Bürgermeisteramt. Welch gutes Renommee die Kunstmeile in Künstlerkreisen nach wie vor innehat, zeigen die vier Neuzugänge, die Habermann namentlich erwähnte: Alois Lechner aus Hollenbach, Claudia Wastl aus Junkertshofen, Gernot Kragl aus Mering und Timea Gresens aus Altomünster. Hubert Asam und Stefan Kreppold stellten als Einzige im Außenbereich aus, Asam bei Farben Hoberg und Kreppold am alten Rathaus.
Der Gang durchs Rathaus gab einen ersten Eindruck der Exponate. Das sind überwiegend Bilder mit unterschiedlichen Motiven. Was sich im Treppenaufgang eher leblos aneinanderreiht, erhält in den Schaufensterauslagen der Geschäfte eine andersgeartete Aussagekraft. Zumal einzelne Exponate gelegentlich mit künstlerischem Gespür in die Auslegeware miteinbezogen waren. Sepp Wörles schnittiger Porsche war umgeben von aparten High Heels, das passende Schuhwerk für die potenzielle Mitfahrerin (Schuhprofi). Mode Grieb hatte die Bilder von Irene Rung und Jürgen Krass direkt neben ein schickes Abendkleid platziert, Erich Hoffmanns Paradiesvogel flog direkt auf den fast identischen Lockvogel einer edlen Parfümflasche zu (Wittelsbacher Apotheke). Beim Schuhhaus Winkler musste man schon hinschauen, bevor man die Farbradierungen von Timea Gresens zwischen den Schuhen entdeckte. Heimatsport hatte die sportliche Variante gewählt: Ein paar Sportschuhe wuchsen sozusagen aus Claudia Wastls bunter Farbkonstellation heraus. Einen zusätzlichen, zumindest optischen Reiz bewirkte die Sonneneinstrahlung auf die Schaufenster, die vorbeiziehenden Besucher und die sich daraus ergebende doppelte Spiegelung.
Und doch sprang die Schaufenster-Kunst nicht jeden Passanten unmittelbar an. „Wir essen zuerst was, dann schauen wir uns alles an“, meinten gleich mehrere Paare. Ein Ehepaar wusste erst gar nicht, was los war in Aichach. „Wir machen eine Radtour und kommen aus Altomünster. Wir haben uns schon gewundert, warum hier so viele Leute sind.“Steffi und Rupert aus Schnellmannskreuth waren sich hingegen bewusst, wo sie saßen. Nämlich direkt mit dem Rücken zur Kunst – am Fenstersims der Wittelsbacher Apotheke. Hinter ihnen schlängelte sich ein schmaler Flusslauf durch eine begrünte Landschaft. Erich Hoffmanns Bild passte zur sommerlichen Temperatur.
Ein Kunstwerk konnte man allerdings nicht übersehen: Stefan Kreppolds Pappelholz-Pärchen, überdimensioniert, wuchtig mit der Säge bearbeitet, mit Ecken und Kanten, groben Zügen, kurz davor, sich zu umarmen, das musste alle Blicke auf sich ziehen. Das Opus steht direkt vor dem alten Rathaus und lässt staunen. Auch wegen der Titelgebung: „Die Leichtigkeit des Seins“.