Ein Türmchen kommt groß raus
Ein Teil der Friedberger Stadtmauer soll bei der Landesausstellung das Leben der kleinen Leute veranschaulichen und als Aussichtspunkt fungieren. Im Bauausschuss werden erste Details zum Konzept der Schau bekannt
Friedberg Ein kleiner Turm soll bei der Bayerischen Landesausstellung 2020 in Friedberg groß herauskommen. Es handelt sich um das Gebäude an der Stadtmauer 41, vielen als Hagerturm bekannt. Im Bauausschuss war nun allerdings vom Salzkarrner Turm die Rede, nachdem Stadthistoriker Ingo Aigner in einem Schreiben dargelegt hatte, dass man sich vom Begriff Hagerturm besser verabschieden sollte. Der Zimmermann Max Hager bewohnte nämlich laut Aigner im 17. Jahrhundert ein Gebäude an der Stadtmauer, allerdings die Nummer 37. Die Nummer 41 dagegen hatte 1724 der Salzkarrner Jakob Esterhammer neu erbaut. Die Salzkarrner transportierten das „weiße Gold“von den Salinen nach Friedberg. Später wohnten in dem Gebäude viele „kleine Leute“, damals oft städtische Beamte. Und daran knüpft nun die Zukunft des Turmes im 21. Jahrhundert an.
Der Bau, den die Stadt nach dem Tod der letzten Bewohner kaufte, soll nämlich Bestandteil der Landesausstellung werden. Deren Konzept wurde geändert; sie soll sich nun in erster Linie den Stadtgründungen der Wittelsbacher widmen. Damit, so sagte Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) in der Sitzung, stehe das Schloss nicht mehr dermaßen im Zentrum der Schau wie anfangs gedacht. Baureferent Carlo Haupt erläuterte: „Die Stadt und vor allem die Stadtbefestigung sollen Bestandteil der Ausstellung werden.“Und vom Salzkarrner Turm aus könne man dann die Aussicht genießen.
Der Thannhauser Bauforscher Bernhard Niethammer, der in Friedberg bereits einige Umbauten von denkmalgeschützten Gebäuden begleitet hat, nahm nun auch den Salzkarrner Turm näher unter die Lupe, der es mit Nebengebäuden auf etwa 85 Quadratmeter Fläche bringt. Die halbrunden Schalentürme, so erläuterte er den Stadträten, seien neben Schloss und Jakobskir- che prägend für die Stadtsilhouette. Der Bau weise Schießscharten auf, die die Wehrhaftigkeit unterstreichen, wenn sie auch mehr symbolischen Charakter haben. Es habe sich bei den Türmen wohl eher um eine bewusste Abgrenzung zum ländlichen Umfeld gehandelt als um eine ausgefeilte Verteidigungsanlage.
Prinzipiell lasse sich über Turm und Nebengebäude sagen: „Die Grobstruktur hat sich erhalten, während die Details verändert wurden.“Man habe es nur noch im Kern mit einem spätmittelalterlichen Wehrturm zu tun, doch vor allem von Westen (also aus Richtung Augsburg) sei dieser Charakter für Betrachter gut zu erkennen. Während der Turm pro Stock einen Raum hat, besitzt das kleine angebaute Wohnhaus pro Etage zwei schmale Räume. Die meiste historische Substanz weise das erste Obergeschoss des dreigeschossigen, unterkellerten Turms auf. Es gebe auch aus dem 20. Jahrhundert noch Veränderungen, die man jedoch rückbauen könne. Andere Stellen ließen sich öffnen oder umbauen. Doch warnte der Experte vor dem Rückbau auf eine bestimmte Zeitschicht; vielmehr solle man die Chance nutzen, das Ensemble aus verschiedenen Zeitschichten zu konservieren und behutsam zu restaurieren.
Niethammer schlug vor, im Rahmen der Landesausstellung im Turminneren eine Ausstellung über die Stadtbefestigung zu zeigen. Außerdem lasse sich dort die Lebenswelt der kleinen Leute gut darstellen – eine Idee, die bei den Stadträten gut ankam. Den Aussichtspunkt würde der Bauforscher eher neben den Turm verlegen.
Der Bau soll außerdem eine Rolle bei den Stadtführungen im Rahmen der Landesausstellung und darüber hinaus spielen. Hierfür, so Eichmann, soll ein ganzes Netz von Wegebeziehungen geschaffen werden, die das Schloss als Start der Rundgänge, Schlosspark, Stadtmauer und Altstadt erschließen.
Ein Gesamtkonzept für diese Wegebeziehungen liegt auch Thomas Kleist (CSU) sehr am Herzen. Claudia Eser-Schuberth (Grüne) lobte die Idee des Aussichtspunktes als „charmant“. Und das Leben normaler Leute interessiere die Menschen sehr. Das zeige das Interesse an Fuggerei oder Bauernhofmuseen. Roland Eichmann hat schon eine Idee, wie es nach dem Jahr 2020 mit dem Türmchen weitergehen kann. Dann nämlich könne es für die ortsübergreifende Ausstellung zur Lechfeldschlacht Verwendung finden. Wie auch bei der Landesausstellung sei das mit Fördermitteln verbunden, wobei auch die Städtebauförderung signalisiert habe, sie werde sich mit bis zu 60 Prozent beteiligen. Roland Fuchs allerdings wies auf einen wichtigen Faktor hin, die Zeit. Die Landesausstellung startet im Frühjahr 2020, also in zwei Jahren: „Wir müssen auch pünktlich fertig sein“, mahnte der SPD-Fraktionsvorsitzende zur raschen Verwirklichung der Idee.