Bahnhof: Besser zum Zug
Nach Fahrgastbefragungen in Aichach entwickelt eine Expertenrunde fünf Ideen für Verbesserungen. Einige können schnell umgesetzt werden, andere werden länger dauern
Als Modellkommune ist Aichach am Projekt „Zugang zur Bahn“beteiligt. Herausgekommen sind dabei jetzt fünf Ideen für Verbesserungen.
Aichach Es sind vor allem Pendler, die in Aichach in den Zug steigen. Von den etwa 1000 Fahrgästen täglich kommt die Mehrheit zu Fuß (ein Drittel) oder mit dem Fahrrad (27 Prozent) zum Bahnhof. Wie für sie und andere der Zugang zur Bahn verbessert werden kann, darum geht es in einem Projekt des bayerischen Verkehrsministeriums. Aichach ist als eine von fünf Modellkommunen dabei.
Ziel des Projekts, das die Technische Universität München (TUM) begleitet, ist es, mehr Fahrgäste für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu gewinnen. Neben Aichach sind Bad Neustadt an der Saale, Freilassing, Hilpoltstein und Landshut dabei. In diesen Kommunen hat die Technische Universität München (TUM), Professur für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung, untersucht, wie gut der Bahnhof für Fahrgäste erreichbar ist und wo Verbesserungen nötig sind.
Dazu haben sich die Experten intensiv selbst ein Bild vor Ort gemacht. Und sie haben diejenigen gefragt, die die Schwachstellen am besten kennen: die Fahrgäste. Über 130 nahmen an den Befragungen im am Bahnhof und im Internet teil.
Bei einem Workshop in Aichach kürzlich wurde in großer Runde diskutiert. Teilnehmer waren neben Projektleiter Professor Gebhard Wulfhorst und seinen Mitarbeitern Vertreter der Stadtverwaltung, der Deutschen Bahn (DB), des Augsburger Verkehrsverbunds (AVV), des Fahrgastverbands Pro Bahn, der Polizei und des Seniorenbeirats sowie der Behindertenbeauftragte des Landkreises und der Verkehrsreferent im Stadtrat. Als Ergebnis wurden im Anschluss fünf konkrete Probleme benannt, die man in den nächsten Jahren angehen will.
Die meisten Fahrgäste pendeln zur Arbeit oder zur Schule. Potenzial für zusätzliche Fahrgäste sieht Wulfhorst aber in den Bereichen Einkaufen und Freizeit. Von den Bahnfahrern kommt ein Drittel zu Fuß und ein Drittel mit dem Auto – entweder als Fahrer oder als Mitfahrer.
Etwa 27 Prozent sind Radfahrer, nur sechs Prozent kommen mit dem Bus. Wulfhorst sieht deshalb bei der Verknüpfung von Bahn und Bus Potenzial: Bisher fahren die Busse an verschiedenen Haltestellen ab. Sie sollen besser gebündelt, die Ab- fahrtszeiten aufeinander abgestimmt werden, so Wulfhorst. Eine dynamische Fahrgastinformation könnte den Passagieren anzeigen, wo und wann ein Bus wohin abfährt.
Chronisch überbelegt sind die Fahrradständer. Für die Erweiterung laufen bei der Stadt bereits die Planungen. Denkbar sind hier „Doppelstöcker“wie es sie zum Beispiel an den S-Bahnhöfen in Altomünster oder Pasing gibt.
Länger dauern wird es mit einer Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes mit seiner problematischen Verkehrssituation: Fußgänger queren die lang gezogene Zufahrt für Fahrräder, Busse und Autos. Wie Bürgermeister Habermann sagte, soll der Bereich zusammen mit dem nächsten Abschnitt der Bahnhofstraße – zwischen der jetzigen Baustelle und der Bahnunterführung an der Donauwörther Straße – ausgebaut werden. Umgesetzt werden könnte dies frühestens nach der Landesausstellung 2020.
Ein Problemfall ist die Fußgängerunterführung nach Algertshausen, die Wulfhorst mit drei Worten beschrieb: eng, dunkel, schmutzig. Sie befindet sich im Eigentum der Deutschen Bahn. Wie Bürgermeister Klaus Habermann sagte, erscheiNovember ne ein Neubau schwierig und aufwendig, auch wegen des Grundwasserspiegels in dem Bereich. Die Stadt sei dabei, mit der Bahn „die konkrete Zuständigkeit zu klären“, sagte er. Ziel ist, zumindest die Gestaltung, insbesondere die Beleuchtung, zu verbessern.
Sache der Bahn sind barrierefreie Bahnsteige. Wie Habermann berichtete, eine größere und teure Maßnahme, die die Bahn aber im Blick habe. Eine Unterführung sei wohl nicht praktikabel. Denkbar wäre wohl eine Lösung mit einem Steg über die Gleise mit Aufzügen. Baubeginn sei im günstigsten Fall 2023, so Habermann.
Der Bürgermeister verbindet mit dem Projekt die Hoffnung, „dass der Freistaat uns auch bei der Umsetzung unterstützt“. Geplant ist noch ein Workshop aller fünf Modellkommunen zusammen. Die Erkenntnisse sollen laut Wulfhorst in ein Praxishandbuch für Gestaltungsqualität für den Zugang zur Bahn einfließen, das das Ministerium nächstes Jahr für Kommunen und Bahn herausgeben will. Die Ideen sollen außerdem bei einem Bahnhof angewandt werden, der komplett neu gebaut wird. Wo, das ist noch offen.