Streit unter jungen Männern eskaliert
20-jähriger Asylbewerber verletzt in Unterkunft einen anderen mit einem zerbrochenen Weinglas
Aichach Es war ein Streit unter jungen Männern, der eskaliert ist: Weil er mit einem zerbrochenen Weinglas jemanden verletzt hat, musste sich jetzt ein 21-jähriger Asylbewerber vor dem Jugendgericht in Aichach verantworten. Wie Staatsanwältin Melanie Ostermeier aus der Anklageschrift vortrug, war der Angeklagte im Sommer 2017 mit einem Freund, beide aus Eritrea, in das Zimmer zweier Syrer – Onkel und Neffe – gegangen, die Besuch von Landsleuten hatten. Dort kam es zum Streit, in dessen Verlauf der damals 20-Jährige den Onkel mit einem zerbrochenen Weinglas am Unterarm verletzte. Der Freund, der an dem handgreiflichen Streit beteiligt und nach übereinstimmenden Aussagen wohl die treibende Kraft dabei war, war erkrankt. Das Verfahren gegen ihn wurde deshalb abgetrennt, sodass der 21-Jährige nun allein vor Gericht stand.
Wie es zu den Verletzungen des 49-jährigen Syrers gekommen war, konnte der Angeklagte sich nicht erklären. Er habe niemanden geschlagen oder geschnitten, behauptete er. Streit habe nur sein Freund gehabt, nicht er. Das Weinglas habe er nicht zerschlagen, das dünne Glas sei ihm in der Hand zerbrochen.
Das schilderten die Zeugen anders. Der Angeklagte und sein Freund seien alkoholisiert ins Zimmer gekommen und hätten Streit gesucht. Die Gruppe drängte die beiden aus dem Zimmer, der Onkel stellte sich in die Tür. Beim Versuch, wieder hineinzugelangen, habe der Angeklagte mit dem zerbrochenen Weinglas mehrmals nach dem Onkel geschlagen.
Wolfgang Nuspl von der Jugendgerichtshilfe schilderte den Angeklagten als sehr freundlich im Gespräch, attestierte ihm aber auch Reiferückstände, weshalb er empfahl, Jugendstrafrecht anzuwenden.
Der Angeklagte habe früh seine Mutter verloren und habe, seit er ein Kleinkind war, keinen Kontakt mehr zum Vater, der Militärdienst leistete. Er wuchs in schwierigen finanziellen Verhältnissen bei einer Tante in Äthiopien auf, wo er sich gegenüber deren leiblichen Kindern benachteiligt fühlte und nur vier Jahre lang die Schule besuchte. Dann begann er, mit Helfertätigkeiten Geld zu verdienen. Er verließ schließlich die Tante, war obdachlos und schlug sich mit Helfertätigkeiten durch, bis er allein nach Deutschland flüchtete. Er träume davon, langfristig in Deutschland bleiben zu können und eine Ausbildung zum Automechaniker zu machen.
Staatsanwältin Melanie Ostermeier war überzeugt, dass es der Angeklagte war, der den 49-jährigen Syrer verletzt hatte. Mit einem kaputten Glas jemanden zu schlagen sei „unglaublich gefährlich“, sagte sie. Der Angeklagte sei aber nicht sonderlich einsichtig. Sie forderte deshalb zwei Wochen Dauerarrest.
Jugendrichterin Eva-Maria Grosse verurteilte den 21-Jährigen zu einer Woche Dauerarrest. Sie war überzeugt davon, dass er mit dem Glas zugeschlagen hatte. Es könne durchaus sein, dass der Freund Streit gehabt habe, und auch, dass es vorher Beleidigungen gab. „Aber das erlaubt es nie, dass man jemand anderes schlägt“, sagte sie. Mit einem Glas sei das zudem besonders gefährlich. Der Angeklagte und die Staatsanwältin verzichteten auf Rechtsmittel. Das Urteil ist rechtskräftig.
Er träumt davon, Automechaniker zu werden