Steht das Architekturmuseum vor dem Aus?
Theater Interkultur mit „Nach dem Regen“
Beim Rauchen erwischt? Drei Monate Gehaltssperre. Straffe Hierarchien, Druck, Autorität und Strafen kontrollieren die Mitarbeiter einer Firma. Sie säen Unsicherheit und Misstrauen – die Schattenseiten der modernen Arbeitswelt. Im Hoffmannkeller verhandelte das Theater Interkultur unter der Regie von Ferdi Degirmencioglu diese Auswüchse des Kapitalismus. „Nach dem Regen“des katalanischen Dramatikers Sergi Belbelwird spielt ausschließlich auf der kahlen Dachterrasse eines 47 Stockwerke hohen Konzerngebäudes. Hier wird geraucht, was das Zeug hält. Manche der acht Angestellten reden sich ein, Rauchen sei Rebellion. Absurd natürlich, denn es ist ja kein Widerstand, der sie aufs Dach treibt, sondern nur die Sucht.
Düster und angespannt ist die Stimmung auf der kleinen Bühne, die außer einem Stahlgeländer und einer Klimaabluftbox nichts braucht, um nach Dach auszusehen. Zum Stress in den Büros gesellt sich die Hitze. Die Katakombe des Hoffmannkellers ist wie gemacht für dieses dichte Stück, das trotz Tragik auch eine Komödie ist. Die blonde (Anna Weiss), die schwarzhaarige (Carmen Ruiz Fernandez), die brünette (Mehtap Çelik) und die rothaarige (Sita Suchocka-Mohr) Sekretärin sind in ihren Charakteren stark überzeichnet, das bringt den Witz. Die eine als Quasselstrippe und Intrigantin, ihr machtbesessener Verwaltungschef (Stefan Krawielitzki) nennt sie „Schlampe. Dumm, aber hübsch“. Die Brünette ist intelligent, aber auch psychotisch. Die Rothaarige ist die Visionärin im Sekretärinnen-Quartett und die Schwarze die Unscheinbare. Außer den vieren vertreiben sich eine furchterregende Exekutivdirektorin (Hristina Vlahu), der verklemmte, aber gut aussehende Programmierer (Ömer Peker) und der coole Stadtbote auf dem Dach ihre heimliche Auszeit. Verunsicherung und Einsamkeit prägen die Gespräche. Die Figuren reden aneinander vorbei. Der Abgrund ist nah, der Chef hat schon errechnet, wie lang ein Körper braucht, bis er unten ist und „explodiert“.
Überzeugend bringen die Darsteller die Tiefen der menschlichen Abgründe auf die Bühne. Für das Komödiantische in dieser Inszenierung sind vor allem zwei zuständig: Der Bote, treffend gespielt von Marc Schestak, der zu jeder Rauchpause meisterhaft lasziv in den Schritt greift, wo er die Kippen versteckt. Auch eine echte Nacktszene – im kleinen Hoffmannkeller eine echte Mutprobe – meistert er souverän. Die anderen Lacher aus dem Publikum sahnte der Programmierer ab. Herrlich changiert Ömer Peker hier zwischen Einfalt und Beharrlichkeit und regt sich über die angeblichen „Sexschübe von 20 bis 30 Sekretärinnen“auf, deren Opfer er ist. Das Tieftraurige, die Verzweiflung auf dem Dach lösen sich so zumindest zeitweise in Heiterkeit auf. Und am Ende rauscht sogar der Regen.