Europa und USA entschärfen den Handelsstreit
Juncker und Trump kommen sich entgegen. Die Autoindustrie atmet vorerst auf
Washington EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump haben sich am späten Mittwochabend im Handelsstreit angenähert. „Wir haben uns genau hier im Weißen Haus getroffen, um eine neue Phase in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu starten. Eine Phase enger Freundschaft, starker Handelsbeziehungen, in denen wir beide gewinnen werden“, sagte Trump auf einer hastig einberufenen Pressekonferenz im Rosengarten seines Amtssitzes. Ursprünglich hatten die beiden Politiker gar nicht gemeinsam vor die Medien treten wollen. Als zu unwahrscheinlich hatte eine Einigung noch zu Beginn ihres Gesprächs gegolten. Doch noch bevor Trump auftrat, berichteten amerikanische Medien, beide Seiten hätten sich unter anderem darauf verständigt, den Handel mit Sojabohnen auszuweiten und Industriezölle zu senken. Außerdem erklärten sich die Europäer bereit, mehr Flüssiggas in den USA zu kaufen.
Der US-Präsident sprach kurz darauf von einem „großen Tag für den freien und fairen Handel“. Sein Gast aus Brüssel schmunzelte verschmitzt. Er habe die Einladung Donald Trumps angenommen mit der Absicht, zu einem Ergebnis zu kommen. „Und wir haben uns geeinigt.“Zum Beifall eilig zusammengetrommelter Senatoren und Repräsentanten verkündeten beide Seiten einen Waffenstillstand in dem Konflikt, der kurz davor stand, zu einem Handelskrieg zu eskalieren. „Wir haben uns darauf verständigt, null Zölle anzustreben, null nicht tarifäre Handelsschranken und null Subventionen auf Güter, die nichts mit der Autoindustrie zu tun haben“, erklärte Trump die Stoßrichtung der Annäherung. Dafür sollen nun Arbeitsgruppen eingesetzt werden, die im Prinzip da weitermachen können, wo die TTIP-Verhandlungen stehengeblieben waren.
Juncker sprach von einem „konstruktiven Treffen“. Er bestätigte die Bereitschaft der Europäer, mehr Gas und Sojabohnen aus den USA zu kaufen. Umgekehrt dürfen die deutschen Autobauer vorerst aufatmen: „Solange wir verhandeln, gibt es keine weiteren Zölle.“Darüber hinaus werde auch über eine Aufhebung der Stahl- und Aluminiumzölle geredet. Trump bestätigte das und versicherte: „Wir werden nicht gegen den Geist der Abmachung verstoßen – es sei denn, eine Seite kündigt die Vereinbarung.“
Der Durchbruch kam überraschend, nachdem der Gipfel in eher gereizter Stimmung begonnen hatte. Der Kommissionspräsident verzog die Augenbrauen, während ihn sein Gastgeber als „klugen und zähen“Mann willkommen hieß. Juncker mag noch im Ohr geklungen haben, wie ihn der US-Präsident kürzlich als „brutalen Killer“bezeichnet hatte. Demonstrativ bedankte er sich für „die Initiative, mich ins Weiße Haus einzuladen“. Ein Seitenhieb gegen Trump, der so tat, als rücke der Kommissionschef nur wegen des von ihm aufgebauten Drucks an. „Strafzölle sind großartig!“, hatte Trump vor dem Treffen getwittert. „Jeder kommt verhandeln.“
Während der Präsident noch vor Beginn des Gesprächs vor Journalisten klagte, die USA hätten „über die Jahre hunderte Milliarden Dollar an die Europäische Union verloren“, widersprach Juncker dem Vorwurf Trumps, die EU sei ein Feind. „Wir sind Partner, Verbündete und nicht Feinde.“Ob die gestern erzielte Annäherung den Handelsstreit dauerhaft löst, bleibt offen.
„Das ist ein großer Tag für den freien und fairen Handel.“Donald Trump nach dem Treffen