Brüssel will Auffangzentren
Die EU reagiert auf die Flüchtlingsdramen. Sie bietet betroffenen Ländern viel Geld. Doch die verweigern sich bisher den Plänen
Brüssel Es war ein Durchbruch, als sich die europäischen Staats- und Regierungschefs Ende Juni in Brüssel nach durchwachter Nacht endlich einig waren: Auffangzentren sollten aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zunächst aufnehmen und dann die Asylgesuche prüfen. Aus der Idee wurde nun ein Konzept der Brüsseler EU-Kommission, mit dem sich am Mittwoch auch die Botschafter der Mitgliedstaaten befassten. Dabei stand schon vorher fest, dass die Umsetzung schwierig werden würde.
Entlang der Küsten Griechenlands, Maltas, Italiens, Spaniens und Portugals sollen Auffangzentren entstehen, sogar mobile Einrichtungen seien denkbar, heißt es. Gelder stünden bereit. Auch für die Personalkosten will die EU-Verwaltung aufkommen. Es ist eine opulente Ausstattung vorgesehen: Für 500 gerettete Migranten sollen 50 Grenzschützer, 50 Dolmetscher und etwa 50 Spezialisten für die Rückführung bereitgestellt werden. Zusätzlich will die Kommission pro Flüchtling 500 Euro für Transportkosten und 6000 Euro zur Begleichung des Aufwands überweisen.
Abgesehen davon, dass vielen die Rechnung „6000 Euro pro Mensch“reichlich bizarr erscheint, ist die Summe nicht neu. Sie tauchte 2016 als Angebot an jene Länder auf, die sich bereit erklären, zur Entlastung Griechenlands und Italiens Migranten aus deren überfüllten Auffangzentren zu übernehmen. Und sie kam noch einmal ins Spiel, als Brüssel einen Vorschlag für ein neues gemeinsames Asylrecht präsentierte. Wer keinen Flüchtling aufnehmen wolle, so wurde damals spekuliert, müsse rund 6000 Euro an die Gemeinschaftskasse überweisen.
Doch bislang hat sich kein einziges EU-Mitglied bereit erklärt, diese Auffangzentren bei sich einzurichten. Italiens Innenminister Matteo Salvini (Lega Nord) gab sich sogar brüskiert: „Wenn sie irgendjemand anderem Geld geben wollen, sollen sie das tun. Italien braucht keine Almosen. Wir wollen kein Geld, sondern Würde, und wir holen sie uns mit unseren eigenen Händen zurück.“Damit nicht genug. Denn auch aus dem Kreis der Drittstaaten im Norden Afrikas hagelte es – bisher – bittere Absagen Richtung Brüssel. „Wir sind absolut dagegen, dass Europa ganz offiziell bei uns illegale Migranten unterbringt, die man in der EU nicht haben möchte“, betonte der libysche Ministerpräsident Fajes Seradsch.
In Brüssel hält man derartige Zurückweisungen dagegen eher für nach innen gerichtete Aussagen, die mit einem großzügigen Angebot von höherer Entwicklungshilfe durchaus noch veränderbar seien. Immerhin, so heißt es aus dem Umfeld der Kommission, habe man mit dem „Modell Türkei“ja gute Erfahrungen gemacht. Dem Land wurden Zusagen über insgesamt sechs Milliarden Euro in zwei Schritten gemacht, um die Aufnahmestationen für syrische Flüchtlinge zu betreiben. In den Regionen habe dies zu einem regelrechten Schub für eine bessere Infrastruktur geführt.