Welche Strafe droht dem mutmaßlichen Brandstifter?
Ein 28-jähriger Ex-Mitarbeiter soll das Feuer im Sozialzentrum der Caritas gelegt haben. Ein Drohbrief soll in den Ermittlungen eine Rolle spielen. Das Gesetz lässt den Richtern bei Brandstiftungen einen großen Spielraum
Der Schaden ist enorm. Die Kripo geht nach dem Großbrand im Sozialzentrum der Caritas aktuell von rund 2,5 Millionen Euro aus. Verletzt wurde bei dem Brand niemand. Der Hausmeister, der in dem Gebäude wohnte, hat das Feuer schnell bemerkt, weil sein Hund unruhig geworden war. Die Kripo geht inzwischen davon aus, dass sie den Brandstifter ermitteln konnte. Seit dem Wochenende sitzt ein 28-jähriger Augsburger in Untersuchungshaft. Er hatte längere Zeit in dem Sozialzentrum gearbeitet und dort auch eine Ausbildung absolviert. Doch welche Strafe droht dem mutmaßlichen Täter, sollte sich der Verdacht erhärten und es zu einem Prozess gegen ihn kommen?
Das Strafgesetzbuch lässt den Gerichten bei solchen Taten einen großen Spielraum. Im Haftbefehl gegen den 28-jährigen Tatverdächtigen ist vom Verdacht der schweren Brandstiftung die Rede. Schwer deshalb, weil das Gebäude durch das Feuer zerstört worden ist und weil ein Mensch – in diesem Fall der Haus- meister – dort gewohnt hat. Der sogenannte Strafrahmen, also der Bereich zwischen Mindest- und Höchststrafe, ist hier sehr weit gefasst. Möglich ist laut Gesetz eine Haftstrafe zwischen einem Jahr und bis zu 15 Jahren.
Welche Strafe am Ende eines Prozesses im Urteil steht, hängt dann von ganz vielen Einzelheiten ab, sagt der Augsburger Rechtsanwalt Marco Müller. Zum Beispiel von der Höhe des Schadens, vom konkreten Risiko für betroffene Men- schen, von den Motiven des Täters oder von der Bereitschaft zur Wiedergutmachung. Vor einem Prozess wird ein Tatverdächtiger in einem solchen Fall in der Regel auch immer von einem Psychiater untersucht. Verweigert der Verdächtige eine Untersuchung, so macht sich der Gutachter ein Bild aus den Akten und aus dem, was in der Gerichtsverhandlung geschieht. Gerade bei Brandstiftungen kommt es immer wieder vor, dass ein Täter aufgrund von psychischen Erkran- kungen nur vermindert oder auch überhaupt nicht schuldfähig ist. Dann fällt die Strafe für ihn niedriger aus als bei einem gesunden Täter. Dafür muss sich der Verurteilte in der Regel aber in einer psychiatrischen Klinik behandeln lassen.
Zu dem 28-jährigen Tatverdächtigen im Fall des Großbrandes bei der Caritas nennt die Polizei bisher keine Einzelheiten. Nach Informationen unserer Redaktion handelt es sich um einen russischstämmigen Deutschen, der über längere Zeit einen Job in dem Sozialzentrum hatte und auch in der Nähe des Hauses wohnte – nur einige hundert Meter Luftlinie entfernt. Es soll einen Drohbrief geben, den die Ermittler ihm zuschreiben. Zu einem möglichen Motiv äußern sich Polizei und Staatsanwaltschaft noch nicht.
Bekannt ist nur, dass die Ermittler nach dem derzeitigen Stand einen rechtsextremen Hintergrund für die Brandstiftung ausschließen und die Motivation eher im „persönlichen Bereich“vermuten. Der Verdächtige bestreite allerdings „vehement“die ihm vorgeworfene Tat, sagt sein Anwalt Ralf Schönau- er auf Anfrage unserer Redaktion. Der Verteidiger sagt, er werde die Untersuchungshaft so schnell wie möglich überprüfen lassen. Es gebe aus seiner Sicht gewichtige Argumente, die gegen eine Täterschaft des 28-Jährigen sprechen, so der Rechtsanwalt. Ein Polizeisprecher sagt, die weiteren Ermittlungen müssten zeigen, ob sich der Tatverdacht gegen den 28-Jährigen erhärten lasse. Die elfköpfige Ermittlungsgruppe arbeite weiter auf Hochtouren.
Im Sozialzentrum haben rund 120 Menschen gearbeitet, darunter waren 50 geförderte Jobs für ehemalige Arbeitslose. Noch steht die Brandruine des Sozialzentrums. Wie ein Sprecher der Caritas dem BR sagte, sollen in der nächsten Woche die Abrissarbeiten beginnen. Geplant ist, das Gebäude so schnell wie möglich wieder zu errichten. Andreas Magg, der Caritasdirektor in der Diözese Augsburg, sagte dem Sender, wichtig sei es, dass „die Caritas weitermacht und sich nicht runterziehen lässt“. Die Hilfe für Bedürftige sei wichtiger als irgendwelche Hassgefühle und Spekulationen.