Eine Lüge zerstört den Lebenstraum
Asylbewerber täuscht Landratsamt mit gefälschter Geburtsurkunde. Er macht sich jünger und erschleicht Leistungen
Aichach Friedberg Von einer soliden Ausbildung und einem besseren Leben in Deutschland hatte der junge Mann geträumt, als er vor sechs Jahren sein Heimatland Pakistan verließ. Die Verurteilung zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung durch das Aichacher Amtsgericht beendete diesen Lebenstraum: Als abgelehnter und vorbestrafter Asylbewerber muss der 28-Jährige jetzt mit seiner Ausweisung rechnen.
10000 Dollar hatte er nach eigenen Angaben bezahlen müssen, damit ihn Schlepper 2012 per Lastwagen und Schiff dorthin brachten, wo er etwas lernen wollte. „Wenn du in Deutschland zur Schule gehen willst, musst du dich jünger machen“, hatten sie ihm geraten – ein Tipp mit fatalen Folgen. Der damals 22-Jährige gab sich 2012 in einer Erstaufnahmeeinrichtung sechs Jahre jünger aus, weshalb er an eine Jugendhilfeeinrichtung im Wittelsbacher Land überstellt wurde. Im Glauben, er sei minderjährig, beantragte seine Betreuerin beim Kreisjugendamt Hilfe zur Erziehung in Heimunterbringung. Das Amt bewilligte Leistungen von über 35000 Euro, aufgrund seines tatsächlichen Alters hätten ihm weniger als 5000 Euro zugestanden. Das wiederholte sich später, wobei es diesmal um 15 000 zu viel gezahlte Euro für junge Volljährige ging.
Dann bekam der Angeklagte Probleme, weil die Behörden Druck machten und seine Personalpapiere sehen wollten. Deshalb gab er bei sei- nem Onkel in Pakistan eine gefälschte Geburtsurkunde in Auftrag, die ihn am Landratsamt um sechs Jahre jünger machte. Von „krimineller Energie“sprach der Staatsanwalt, der wegen Betrugs in zwei Fällen, Urkundenfälschung und Erschleichung von Aufenthaltstiteln eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren forderte. Vor dem Amtsgericht fand der Beschuldigte zwei Fürsprecher. Seine Betreuerin sagte, er sei zielstrebig seinen Weg gegangen, habe Deutsch gelernt und ein gutes Zwischenzeugnis vom Arbeitgeber. Ein pensionierter Lehrer hatte ihm eine Lehrstelle bei einer Lokalkette besorgt, wo er nach seiner bestandenen Prüfung Schichtleiter ist. „Das ist ein ganz Braver“, versicherte der Zeuge und erklärte sich bereit, für die Rückzahlung der erschlichenen Leistungen zu bürgen.
Das Geld war aber nicht das größte Problem für den 28-Jährigen, mit dessen Ausweisung sich die Härtefallkommission beschäftigt. Sie ermöglicht es, ausnahmsweise eine Aufenthaltserlaubnis an Ausländer zu erteilen, die zur Ausreise verpflichtet sind. Dazu müssen dringende persönliche oder humanitäre Gründe vorliegen, die den Aufenthalt in Deutschland rechtfertigen. Mit einer Vorstrafe hätte der junge Mann keine Chance mehr, seinen Traum von einem soliden Leben in Deutschland zu verwirklichen, betonte sein Anwalt; er plädierte für eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40 Euro. Dem folgte Amtsgerichtsdirektor Walter Hell nicht, blieb mit seinem Urteil von einem Jahr aber unter der Forderung des Staatsanwalts. Zur Bewährungsstrafe kommen 200 Stunden gemeinnützige Arbeit.
„Ihr Motiv war in erster Linie sicher nicht Gewinnsucht“, sagte Hell; eine Geldstrafe sei in diesem Fall aber nicht mehr möglich. Ob Deutscher, Ausländer oder Asylbewerber, das habe für die Entscheidung des Gerichts überhaupt keine Rolle gespielt. „Ich kann Sie auch nicht besser als jeden anderen behandeln, weil jetzt die Abschiebung droht“, stellte Hell fest. Darüber müsse ein anderer Richter entscheiden; aufgrund seiner Vorstrafe gibt es für den jungen Mann aber kaum eine Chance, dass er in Deutschland bleiben kann.