Aichacher Nachrichten

Eine Lüge zerstört den Lebenstrau­m

Asylbewerb­er täuscht Landratsam­t mit gefälschte­r Geburtsurk­unde. Er macht sich jünger und erschleich­t Leistungen

- VON PETER STÖBICH

Aichach Friedberg Von einer soliden Ausbildung und einem besseren Leben in Deutschlan­d hatte der junge Mann geträumt, als er vor sechs Jahren sein Heimatland Pakistan verließ. Die Verurteilu­ng zu einem Jahr Freiheitss­trafe auf Bewährung durch das Aichacher Amtsgerich­t beendete diesen Lebenstrau­m: Als abgelehnte­r und vorbestraf­ter Asylbewerb­er muss der 28-Jährige jetzt mit seiner Ausweisung rechnen.

10000 Dollar hatte er nach eigenen Angaben bezahlen müssen, damit ihn Schlepper 2012 per Lastwagen und Schiff dorthin brachten, wo er etwas lernen wollte. „Wenn du in Deutschlan­d zur Schule gehen willst, musst du dich jünger machen“, hatten sie ihm geraten – ein Tipp mit fatalen Folgen. Der damals 22-Jährige gab sich 2012 in einer Erstaufnah­meeinricht­ung sechs Jahre jünger aus, weshalb er an eine Jugendhilf­eeinrichtu­ng im Wittelsbac­her Land überstellt wurde. Im Glauben, er sei minderjähr­ig, beantragte seine Betreuerin beim Kreisjugen­damt Hilfe zur Erziehung in Heimunterb­ringung. Das Amt bewilligte Leistungen von über 35000 Euro, aufgrund seines tatsächlic­hen Alters hätten ihm weniger als 5000 Euro zugestande­n. Das wiederholt­e sich später, wobei es diesmal um 15 000 zu viel gezahlte Euro für junge Volljährig­e ging.

Dann bekam der Angeklagte Probleme, weil die Behörden Druck machten und seine Personalpa­piere sehen wollten. Deshalb gab er bei sei- nem Onkel in Pakistan eine gefälschte Geburtsurk­unde in Auftrag, die ihn am Landratsam­t um sechs Jahre jünger machte. Von „kriminelle­r Energie“sprach der Staatsanwa­lt, der wegen Betrugs in zwei Fällen, Urkundenfä­lschung und Erschleich­ung von Aufenthalt­stiteln eine Bewährungs­strafe von eineinhalb Jahren forderte. Vor dem Amtsgerich­t fand der Beschuldig­te zwei Fürspreche­r. Seine Betreuerin sagte, er sei zielstrebi­g seinen Weg gegangen, habe Deutsch gelernt und ein gutes Zwischenze­ugnis vom Arbeitgebe­r. Ein pensionier­ter Lehrer hatte ihm eine Lehrstelle bei einer Lokalkette besorgt, wo er nach seiner bestandene­n Prüfung Schichtlei­ter ist. „Das ist ein ganz Braver“, versichert­e der Zeuge und erklärte sich bereit, für die Rückzahlun­g der erschliche­nen Leistungen zu bürgen.

Das Geld war aber nicht das größte Problem für den 28-Jährigen, mit dessen Ausweisung sich die Härtefallk­ommission beschäftig­t. Sie ermöglicht es, ausnahmswe­ise eine Aufenthalt­serlaubnis an Ausländer zu erteilen, die zur Ausreise verpflicht­et sind. Dazu müssen dringende persönlich­e oder humanitäre Gründe vorliegen, die den Aufenthalt in Deutschlan­d rechtferti­gen. Mit einer Vorstrafe hätte der junge Mann keine Chance mehr, seinen Traum von einem soliden Leben in Deutschlan­d zu verwirklic­hen, betonte sein Anwalt; er plädierte für eine Geldstrafe von 90 Tagessätze­n zu je 40 Euro. Dem folgte Amtsgerich­tsdirektor Walter Hell nicht, blieb mit seinem Urteil von einem Jahr aber unter der Forderung des Staatsanwa­lts. Zur Bewährungs­strafe kommen 200 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit.

„Ihr Motiv war in erster Linie sicher nicht Gewinnsuch­t“, sagte Hell; eine Geldstrafe sei in diesem Fall aber nicht mehr möglich. Ob Deutscher, Ausländer oder Asylbewerb­er, das habe für die Entscheidu­ng des Gerichts überhaupt keine Rolle gespielt. „Ich kann Sie auch nicht besser als jeden anderen behandeln, weil jetzt die Abschiebun­g droht“, stellte Hell fest. Darüber müsse ein anderer Richter entscheide­n; aufgrund seiner Vorstrafe gibt es für den jungen Mann aber kaum eine Chance, dass er in Deutschlan­d bleiben kann.

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Ein Pakistani wird voraus sichtlich ausgewiese­n. Er ließ Urkunden fälschen.

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