Aichacher Nachrichten

Dieb tappt in Falle der Kollegen

Er stiehlt an seinem Arbeitspla­tz und bedient sich an einer Sammelkass­e. Was für den Amtsrichte­r schwer wiegt

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach In eine Falle ist ein 46-jähriger Dieb getappt und damit aufgefloge­n. Er hatte im November 2017 von Arbeitskol­legen in einem Lebensmitt­elmarkt im nördlichen Landkreis Geld gestohlen. Die markierten daraufhin Geldschein­e und überführte­n so den diebischen Kollegen. Bei der Verhandlun­g vor dem Aichacher Amtsgerich­t wegen Diebstahls kamen auch seine Vorstrafen zur Sprache. Besonders verwerflic­h fand Amtsrichte­r Walter Hell jedoch etwas anderes.

Seine schwierige finanziell­e Situation führte der 46-Jährige als Grund für seine „langen Finger“an. Nach der Scheidung musste er nicht nur Unterhalt leisten, sondern auch einen Kredit abbezahlen. Als letzten Ausweg habe er deswegen Privatinso­lvenz angemeldet, sagte der Angeklagte. Um seine finanziell­e Situation zu verbessern, nahm er neben seinem Vollzeitjo­b in einem Produktion­sbetrieb einen 450-EuroJob in dem Lebensmitt­elmarkt an. Dort räumte er seit September 2017 vor oder nach der Arbeit Regale ein.

Das vertrauens­volle Miteinande­r, das unter den Mitarbeite­rn des Marktes herrschte, nutzte der Angeklagte aus. So griff er unter anderem einmal in eine Sammelkass­e, in der die Mitarbeite­rinnen Geld für ein Weihnachts­geschenk für die Filialleit­erin sammelten. Es sei seit Jahren gängige Praxis, dass diese Kasse offen dastand, sagte die 32-jährige stellvertr­etende Filialleit­erin aus. „Das machen wir immer so und es hat nie etwas gefehlt.“Dieses Mal fiel ihr und ihrer 48-jährigen Kollegin jedoch auf, dass auf der Sammellist­e mehr Unterschri­ften waren, als Geld in der Kasse lag. Damit bekräftigt­e sich ein bis dahin eher vager Verdacht, dass ein Dieb unter den Kollegen sein musste.

Der 32-Jährigen war vorher schon mal aufgefalle­n, dass 50 Euro in ihrem Geldbeutel fehlten. Letztlich sei sie sich aber nicht sicher gewesen, wie viel Geld sie tatsächlic­h dabei gehabt hatte, sagte sie vor Gericht aus. Eine andere Kollegin, die ebenfalls 50 Euro vermisste, hatte ihre Tochter in Verdacht, dass die sich einfach bedient habe. Die fehlenden zwölf Euro in der Sammelkass­e schufen nun Gewissheit. Um den Dieb zu entlarven, dachten sich die 32-Jährige und ihre 48-jährige Kollegin eine Diebesfall­e aus. Die 48-Jährige markierte die Scheine in ihrem Geldbeutel mit einem Kreuz und stellte den Korb mit der Börse, wie immer, offen hin. Eine Stunde später, als sie ihren Geldbeutel kontrollie­rte, fehlten 50 Euro. Nachdem bis dahin nur knapp eine Handvoll Mitarbeite­r bereits im Laden waren, sprach die 48-Jährige den Angeklagte­n direkt an, dass sie ihr Geld wieder wolle. Zuerst habe er gezögert, erinnerte sie sich. Als sie dann auf die Markierung hingewiese­n habe, habe er ihr die 50 Euro zurückgege­ben. Die 48-Jährige verständig­te trotzdem Polizei und Bezirkslei­ter über den Diebstahl. Der Bezirkslei­ter war nach dem Anruf sogar schneller vor Ort als die Aichacher Polizei. Dem Angeklagte­n wurde fristlos gekündigt.

Korbinian Grabmeier, Vertreter der Staatsanwa­ltschaft, hielt dem Angeklagte­n sein Geständnis zugute und dass es bei dem Diebstahl um eine relativ geringe Summe ging. Angeklagt worden war lediglich ein Diebstahl von 50 Euro. Negativ ins Gewicht fiel für Grabmeier, dass der 46-Jährige zwei Vorstrafen hat, unter anderem wegen Betruges. Er plädierte für eine dreimonati­ge Haftstrafe.

Der Angeklagte, der ohne Anwalt erschienen war, wies auf seinen neuen Job hin und die Freundin, die ihm helfe, sein Leben in Griff zu bekommen. Er hoffte auf eine Bewährungs­strafe. Richter Hell gestand ihm wegen des guten Eindrucks, den der 46-Jährige hinterlass­en hatte, noch eine Chance zu. Er verurteilt­e ihn zu einer sechsmonat­igen Bewährungs­strafe. Als Auflage muss er 120 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten. Für Hell wog schwer, dass der Angeklagte durch sein Verhalten das Betriebskl­ima nachhaltig gestört hatte.

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