Wenn der Mieter zum Streichen gezwungen wird
Ums Renovieren der Wohnung gibt es oft Streit. Ein Urteil stellt nun klar: Absprachen zwischen Vor- und Nachmieter sind nicht bindend
Karlsruhe Ein Umzug bedeutet meistens Stress und angespannte Nerven. Gerade bei der Übergabe der alten Wohnung bangen viele, ob dem Vermieter alles hübsch genug ist. Aber muss ich überhaupt renovieren? Ein Urteil der obersten Zivilrichter am Bundesgerichtshof (BGH) von Mittwoch verschafft Mietern in dieser Frage mehr Klarheit. (Az. VIII ZR 277/16)
Schönheitsreparaturen – was bedeutet das?
Vereinfacht gesagt sind das alle Malerarbeiten in der Wohnung, also das Streichen oder Tapezieren der Wände und Decken, aber auch das Lackieren von Heizkörpern, Türen oder Fensterrahmen von innen. Das muss nicht unbedingt ein Handwerker erledigen. Solange der Mieter „fachgerecht“arbeitet, kann er auch selbst zum Pinsel greifen.
Wie ist die Rechtslage?
Grundsätzlich verpflichtet das Gesetz den Vermieter, die Wohnung in Schuss zu halten. Davon darf allerdings abgewichen werden, und deshalb ist die Ausnahme seit langem zur Regel geworden. Laut Deut- schem Mieterbund gibt es heute kaum einen Mietvertrag, der die sogenannten Schönheitsreparaturen nicht dem Mieter aufbürdet.
Also ein Blick in den Mietvertrag, und die Sache ist klar?
So einfach ist es nicht. Denn etliche Klauseln zu Schönheitsreparaturen haben Gerichte für unwirksam erklärt, weil sie die Mieter unangemessen benachteiligen. Zum Beispiel dürfen Vermieter nicht vorschreiben, dass Küche und Bad zwingend alle drei Jahre zu streichen sind – egal, wie abgewohnt die Räume aussehen. Hat der Mieter so eine unwirksame Klausel in seinem Vertrag stehen, ist er fein raus: Er muss die Arbeiten gar nicht erledigen.
Worum geht es in dem Fall, der jetzt vor Gericht gelandet ist?
Ein Mieter hatte seine Wohnung im niedersächsischen Celle vor dem Auszug selbst gestrichen. Dazu hatte ihn die vermietende Wohnungsbaugenossenschaft aufgefordert. Der waren die Decken und Wände allerdings zu streifig – sie ließ für knapp 800 Euro einen Maler kommen. Bezahlen sollte das der Mieter. Er weigerte sich. Hier kommt eine wichtige BGH-Entscheidung von 2015 ins Spiel. Seither dürfen Mieter die Schönheitsreparaturen zumindest nicht mehr ohne Ausgleich aufgebrummt bekommen, wenn sie in eine unrenovierte Wohnung ziehen. Sonst müssten sie die Räume womöglich schöner hinterlassen, als sie sie vorgefunden haben. Der Mann hatte die Wohnung unrenoviert gemietet – hätte also gar nicht streichen müssen. Wäre da nicht eine Vereinbarung mit seiner Vormieterin. Mit ihr hatte er beim Einzug im Übergabeprotokoll abgemacht, dass er „Renovierungsarbeiten u. Tebo“(Teppichboden) übernimmt. Darauf pochte die Genossenschaft.
Wie haben die Karlsruher Richter entschieden?
Zugunsten des Mieters. Wenn zwei Mieter untereinander etwas vereinbaren, kann das nach Auffassung des Senats keine Auswirkungen auf den Mietvertrag haben – schon gar nicht mit der Folge, dass der Vermieter behandelt wird, als hätte er die Wohnung renoviert übergeben. So hatte es zuvor das Landgericht Lüneburg gesehen.