Die Hitze und ihre Folgen
Im Vergleich zu früheren heißen Sommern scheinen die Menschen in diesem Jahr besser mit den hohen Temperaturen zurechtgekommen zu sein. Woran das liegen könnte
Augsburg Ein bisschen fühlt sich dieser Sommer an wie der von 2003. Das war der Jahrhundertsommer der Rekorde: 40,2 Grad am Oberrhein, deutschlandweit so viele Sonnenstunden wie noch nie im August. Aber auch: geschätzt 7000 Tote. In diesem Sommer musste der Deutsche Wetterdienst (DWD) ebenfalls außergewöhnlich viele Hitzewarnungen herausgeben. Sind also auch 2018 viele Menschen der Hitze und ihren Folgen zum Opfer gefallen?
In Deutschland deutet einiges darauf hin, dass dies nicht der Fall ist. Und dafür hat Medizin-Meteorologe Andreas Matzarakis vom DWD eine überraschende Erklärung: „Das Hitzewarnsystem hat gut funktioniert“– sowohl das des DWD als auch das des Körpers selbst, meint er. Denn „der Mensch passt sich langsam an“. Bereits ab April hätten warme, angenehme Temperaturen geherrscht, der Körper stelle sich darauf ein. Zum Beispiel, indem er mehr Hitze verkrafte: „Wer im April 26 oder 27 Grad als unangenehm empfindet, empfindet das später vielleicht erst bei 30 Grad“, erklärt Matzarakis. Sohrab Taheri-Sohi, Pressesprecher des Bayerischen Roten Kreuzes, nennt noch einen weiteren Aspekt: Dieses Jahr habe man eine gute Aufklärung bei den Menschen erlebt, nicht zuletzt dank der Medien.
Oberarzt Markus Wörnle, Leiter der internistischen Notaufnahme am Klinikum der Universität München, hat deutlich mehr Hitzekollapsfälle in diesem Sommer erwartet. Doch er kann keinen großen Unterschied zum Vorjahr feststellen. Zwar habe man, wie jeden Sommer, vor allem ältere Menschen behandeln müssen. Aber sogenannte hitzeassoziierte Todesfälle? Die sei- en ihm nicht bekannt, sagt er. Sein Kollege Matthias Klein, geschäftsführender Oberarzt am UniklinikStandort Großhadern, bestätigt dies. Wie die Donau-Ries-Kliniken mit ihren Standorten in Donauwörth, Oettingen und Nördlingen. Auch ihre Ärzte kommen zu dem Befund: mehr Fälle von Flüssigkeitsdefiziten, Herz-Kreislauf-Problemen, Schwindel und Kopfschmerzen. Aber nicht mehr Todesfälle.
Andernorts sieht es vollkommen anders aus. In Südkorea etwa sind 40 Menschen wegen der Sommerhitze gestorben, in Japan mehr als hundert. Über 70000 Menschen ließen sich dort in Krankenhäusern behandeln. In Deutschland hat man Ähnliches 2003 erlebt. Es ist davon auszugehen, dass damals in den Sommermonaten Juni, Juli und August fast 2700 Menschen an den Folgen hoher Temperaturen allein in Baden-Württemberg gestorben sind; in den heißen Jahren 2006 und 2015 waren es jeweils etwa 2000. Diese Zahlen, die das Statistische Landesamt Baden-Württemberg kürzlich veröffentlichte, zeigen: Steigen die Temperaturen stark an, steigt die Zahl der Todesfälle – auch wenn die Ursache „Tod durch Hitze“in der Regel nicht eigens verzeichnet wird. Aus anderen Bundesländern liegen keine vergleichbaren Zahlen vor.
Für 2018 scheint dennoch bereits festzustehen: Die Zahl der Hitzetoten dürfte bundesweit im Vergleich zu den Vorjahren nicht gestiegen sein. Das legen Stichproben nahe. So verzeichnete das Gesundheitsamt München im Juni und Juli 2017 knapp 2100 Tote; dieses Jahr bislang 1980. In Augsburg waren es je etwa 900. Wegen des Klimawandels rechnen Experten einer Studie des Umweltbundesamtes und des Deutschen Wetterdienstes zufolge künftig allerdings mit mehr Hitzetoten.