Italien (fast) alleine in Europa
Italien treibt ein übles Spiel mit den geretteten Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. Und doch hat die Regierung in Rom recht: Die europäischen Partner sprechen bei gemeinsamen Gipfeltreffen mit noblen Versprechen von Solidarität und gemeinsamer Verantwortung auf. Doch im Alltag dieser Migrationskrise hat sich praktisch nichts bewegt – vor allem nicht im Süden.
Die Küstenstaaten werden weiter alleine gelassen. Diese Politik hat seit Jahren irgendwie geklappt. Bisher hielten Griechenland, Malta und Italien immer still. Nun ist damit Schluss. Während sich nicht nur in Deutschland viele über die unmenschliche Behandlungsweise moralisch empören, tun sich die Regierungen schwer, die Aufnahme weiterer Flüchtlinge öffentlich zu rechtfertigen. Die Bundesrepublik braucht sich da zwar nicht zu verstecken. Auch für die Geretteten der „Diciotti“hat Berlin Bereitschaft zur Übernahme eines Kontingentes signalisiert. Doch andere Länder weigern sich, die so oft versprochene Entlastung Italiens anzubieten. Das rechtfertigt nicht den unerträglichen italienischen Politikstil mit Drohungen und Erpressungen. Aber in der Sache hat Rom recht: Die Migration ist ein gemeinsames Problem, das man nicht einfach einigen wenigen EU-Familienmitgliedern zuschieben darf. Es sind nicht die italienischen Politiker alleine, die für die humanitäre Katastrophe auf dem Mittelmeer verantwortlich sind.