Tödlicher Unfall: Rechtsstreit geht weiter
Im Januar 2016 stirbt ein 31-Jähriger bei Gundelsdorf. Auslöser ist das Überholmanöver eines heute 64-Jährigen. Das Landgericht verurteilt ihn zu Haft. Dagegen legt er Revision ein
Pöttmes/Augsburg Schon zwei Gerichtsinstanzen haben sich mit dem tödlichen Unfall auf der Staatsstraße 2035 nahe dem Pöttmeser Ortsteil Gundelsdorf beschäftigt, bei dem im Januar 2016 ein 31-Jähriger starb. Beide Male wurde der Unfallverursacher aus dem Landkreisnorden zu einer Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt.
Das Schöffengericht Aichach verhängte zwei Jahre, zwei Monate und eine Woche Haft. Weil der heute 64-jährige Unfallverursacher in Berufung ging, die er allerdings auf die Höhe des Strafmaßes beschränkte, musste das Landgericht Augsburg im Juli erneut verhandeln. Sein Urteil lautete auf ein Jahr, acht Monate und eine Woche Gefängnis; darin floss wie schon in der ersten Instanz ein Kleinunfall ein, den der Mann nur zwölf Tage vor dem tödlichen Zusammenstoß verursacht hatte.
Nun muss sich eine dritte Instanz mit der Sache beschäftigen. Denn der Mann habe Revision eingelegt, wie das Landgericht auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilte. Damit wird das Urteil der 16. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Grimmeisen nicht rechtskräftig. Ob die Revision zugelassen wird, muss erst noch entschieden werden.
Der Mann hatte vor dem Frontalzusammenstoß im Bereich einer gefährlichen Kurve laut Unfallgutachten zwei Fahrzeuge überholt, obwohl diese mit dem maximal erlaubten Tempo 80 unterwegs waren, und krachte frontal in das Auto des entgegenkommenden 31-Jährigen. Laut Gutachter war der Unfallverursacher bis zu 108 Stundenkilometer schnell. Die gefährliche Kurve ist 462 Meter vor der Unfallstelle ausgeschildert.
In der ersten Verhandlung am Aichacher Schöffengericht war ihm noch der Satz herausgerutscht: „Ich komme da normal locker mit 100 durch.“Damals hatte sich der Angeklagte mithilfe eines neurologischen Gutachtens auf eine kurzzeitige Ohnmacht berufen. Das Gericht stellte dessen Seriosität massiv infrage. Am Landgericht sprach Verteidiger Andreas Schröger nur noch von „Augenblicksversagen“.
Der Angeklagte war bei dem Unfall schwerst verletzt worden: Er wurde mehrfach operiert, lag im künstlichen Koma und war monatelang stationär in psychotherapeutischer Behandlung. Auch ein weiterer Autofahrer erlitt bei dem Unfall massivste Verletzungen. Recherchen unserer Zeitung zufolge hatte der Angeklagte bereits 1981 wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht gestanden. Anlass war ein Unfall nahe Walda (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen), bei dem eine Fußgängerin – eine Mutter von vier Kindern – ums Leben gekommen war. Auch hier hatte der Mann überholt und war zu schnell gefahren, so das damalige Gutachten. Strafrechtlich fiel der Unfall von Walda bei der juristischen Aufarbeitung des Unfalls von Gundelsdorf aber nicht mehr ins Gewicht, weil er zu lange her war.
Allerdings kam die jüngere Vorgeschichte des Angeklagten am Landgericht Augsburg zur Sprache. Den Kleinunfall, den er zwölf Tage vor dem tödlichen Zusammenstoß verursacht hatte, kreideten ihm Staatsanwalt Franz Wörz und Richter Grimmeisen massiv an. Grimmeisen sprach von „grober Fahrlässigkeit an der Grenze zum bedingten Vorsatz“. Trotz des Unfalls kurze Zeit vorher sei der Angeklagte „rowdyhaft“gefahren.
Sein Verteidiger berichtete bei der Verhandlung am Landgericht, dass der 64-Jährige und dessen Familie in ihrem Ort „massiv geschnitten“würden. Vor dem Prozess war außerdem ein anonymer Drohbrief am Gericht eingegangen. Der Absender unterstellte dem Angeklagten darin, sich freikaufen zu wollen, und drohte Selbstjustiz an. Der Richter kritisierte den Brief mit deutlichen Worten.