Die Freundin der Komponisten
Für Peter Tschaikowski war die Uraufführung seiner 4. Sinfonie im Jahr 1878 etwas ganz Besonderes. Irgendwo im Publikum saß die Frau, der er die Musik gewidmet hat und die in der europäischen Musikgeschichte eine ungewöhnliche Rolle spielte. Nadeschda von Meck hat als Mäzenin das Künstlerleben von Peter Tschaikowski stark und das von Claude Debussy nicht ganz so stark beeinflusst.
Nadeschda geborene Frolowskaja entstammte einer wohlhabenden russischen Familie und heiratete den Baltendeutschen Karl von Meck, einen reichen Eisenbahnunternehmer. Ihre große Leidenschaft war die Musik. Frau von Meck konnte sich als Pianistin hören lassen, und da sie im Geld schwamm, griff sie weniger betuchten Künstlern großzügig unter die Arme.
Die Sache mit Debussy dauerte allerdings nicht lange: Zwei Jahre durfte er auf einem Gut seiner Gönnerin leben und schaffen. Doch als er um die Hand der 15-jährigen Gutsbesitzers-Tochter anhielt, kündigte Frau von Meck dem Komponisten die Wohnung und die Freundschaft. Töchterchen von Meck war eine von vielen, die Claude Debussy mit gebrochenem Herzen zurückließ.
Das konnte mit Peter Tschaikowski nicht passieren. Sein Interesse an Frauen war nicht drängend. Nadeschda von Meck war ihm über ein Jahrzehnt hinweg in unermüdlichem Briefwechsel eine „liebe Freundin“. Die liebe Freundin lud den Komponisten oft auf ihre Güter ein. Es waren ungewöhnliche Einladungen. Die Hausherrin war nie da, wenn der Besucher kam. Da wollten sich zwei Menschenscheue nahe sein, ohne sich jemals zu begegnen.
Nadeschda von Meck stiftete ihrem Tschaikowski sogar eine großzügige Jahresrente, die es ihm erlaubte, sich ganz dem Komponieren zu widmen. Freundschaft und Rente fanden ein Ende, als sich die Gerüchte verdichteten, Tschaikowski habe eine Vorliebe für Männer. Hat sie von dieser Vorliebe erst spät erfahren? Oder hat sie es längst gewusst, den Schlussstrich aber dann aus Furcht vor einem Skandal gemacht? Jedenfalls war es ein bitterer Einschnitt für den Komponisten, dem die Brieffreundin und Seelenverwandte so lange geholfen hat, sein Genie voll auszuleben. Vor ihrem Auftritt hatte Tschaikowski durchaus die Schattenseiten des Künstlerlebens kennengelernt: So war die Uraufführung seines Balletts „Schwanensee“– man glaubt es kaum – ein Flop.