74 Jähriger schlägt und würgt seinen Mieter
Jahrelanger Streit im Landkreis eskaliert. Opfer kann bis heute nicht arbeiten. Wie das Gericht in Aichach urteilt
Aichach Ziemlich ausgeufert ist Anfang des Jahres ein Streit zwischen Mieter und Vermieter. Er gipfelte darin, dass der 74-jährige Vermieter aus dem nördlichen Landkreis mit einem Holzstecken auf seinen 59-jährigen Mieter losging, ihn damit schlug und ihn schließlich sogar würgte. Weil der Angeklagte seinem Mieter auch noch gedroht haben soll, ihn umzubringen, musste der 74-Jährige sich gestern nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung, sondern auch wegen Bedrohung vor dem Amtsgericht Aichach verantworten.
Einen Angriff mit dem Holzstecken gab der 74-Jährige zu. Seitdem er mit seinem Mieter vor zwei Jahren im Heizungskeller aneinandergeraten war, habe er aus Angst vor ihm immer einen Stecken dabeigehabt, sagte er vor Gericht aus. Dann lief er an dem Tag, um den es vor Gericht ging, seinem Mieter mittags in der Einfahrt über den Weg.
Er habe ihn auf die ausstehende Miete angesprochen, so der 74-Jährige. Daraufhin habe ihn der Mieter höhnisch angegrinst und sei auf ihn losgegangen. Auf die Frage von Richterin Eva-Maria Kraus, ob er mit dem Holzstecken zugeschlagen habe, antwortete der 74-Jährige: „Ich habe den Holzstock benützt.“Mit Sicherheit habe er den 59-Jährigen aber nicht am Kopf getroffen. Dass die beiden anschließend auf dem Boden gerangelt haben, gab der Vermieter ebenfalls zu. Aber: „Ich hatte Todesangst. Ich weiß nicht, was ich getan habe.“An ein Würgen seines Mieters, wie es ihm Julia Heinzel, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, vorwarf, konnte sich der Angeklagte nicht erinnern.
Ganz anders klang, was der Mieter erzählte. Er habe noch den Karton mit seinen Einkäufen in der Hand gehalten, als der 74-Jährige auf ihn zugestürzt und mit einem Prügel auf ihn losgegangen sei. „Er schlägt mir zweimal auf den Kopf“, sagte der Mieter aus und berichtete von weiteren Schlägen auf den Rücken und den Oberkörper. Dann habe ihn der Angeklagte zu Boden gerissen, wobei der Mieter mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug und sich ein Schädel-Hirn-Trauma zuzog. Dann soll der 74-Jährige sich rittlings auf ihn gesetzt und ihn gewürgt haben.
Die auf die Hilferufe des 59-Jährigen hin herbeigeeilte Nachbarin bestätigte, dass der Angeklagte auf seinem Mieter saß und ihn mit einer Hand am Hals zu Boden drückte. Ein 17-Jähriger hatte vom Balkon aus gesehen, wie der Angeklagte „mit dem Knüppel auf ihn einschlug“. Ob es mehrere Schläge waren, konnte er nicht sagen. „Ich habe einen Schlag gesehen.“
Als „höchst unglaubwürdig“bezeichnete Moritz Bode, der Vertreter des Nebenklägers, die Aussage des Angeklagten. Er nahm ihm auch nicht ab, dass er Angst vor seinem Mieter habe. Obwohl die Nachbarin ausgesagt hatte, dass beide verängstigt gewirkt hätten. Bode warf dem Angeklagten vor: „Sie nehmen das hier gar nicht ernst.“Er forderte eine anderthalbjährige Haftstrafe.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hielt dem 74-Jährigen zugute, dass er zumindest ein Teilgeständnis abgelegt hatte. Auch dass es zwischen beiden Parteien schon länger Streit gab und die Fronten verhärtet waren, rechnete sie zu seinen Gunsten. Die massiven Verletzungen des 59-Jährigen, der unter anderem eine Prellung im Halsbereich sowie eine Rippenfraktur hatte und wegen einer Schulterverletzung noch immer nicht arbeiten kann, sprachen aus ihrer Sicht jedoch gegen ihn. Heinzel plädierte für eine zehnmonatige Bewährungsstrafe sowie eine Geldauflage von 3500 Euro.
Richterin Kraus sah das ebenso. Sie verurteilte den rabiaten Vermieter wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung allerdings zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Die 3500 Euro Geldauflage muss er an das MutterKind-Zentrum Schwaben zahlen. Ein Ende des Streits zwischen beiden Parteien ist in Sicht: Der Mieter zieht demnächst aus.