Allgäuer Bio für ganz Bayern?
Öko-Produkte stammen bei der Supermarktkette Feneberg nur aus dem direkten Umland. Das soll Schule machen
München Wir wollen aufs Land fahren, blühende Wiesen, weidende Kühe und frisches Getreide sehen. Wir wollen wissen, woher unser Essen kommt. Wir wollen, dass jeder von seiner Arbeit leben kann, auch die Bauern. Das zumindest ist die Idealvorstellung vieler Verbraucher. Trotzdem greifen im Supermarkt viele einfach nach dem, was günstig ist. Oder laufen noch schnell zum Discounter um die Ecke, oft mangels Alternativen. Wer denkt dabei schon ständig an Tierwohl, regionale Landschaften, Produktionsbedingungen und faire Löhne? Und selbst wer das tut, muss bei den vielen Bio-, Qualitäts- und Tierwohlsiegeln erst einmal durchblicken.
Im Allgäu sieht der Bund Naturschutz ein vielversprechendes Projekt, das Vorbild sein könnte für andere Regionen in Bayern und Deutschland. Die Lebensmittelfirma Feneberg und der Agrarexperte Ernst Wirthensohn haben einen Weg gefunden, die Bauern und damit auch die Natur zu schützen.
Vor zwanzig Jahren initiierten sie das „VonHier“-Modell, das inzwischen von 600 Landwirten, 42 Verarbeitungsbetrieben und immer mehr Verbrauchern getragen wird. Alle fast 400 Produkte des „VonHier“-Sortiments stammen von Betrieben aus der Region, aus einem Umkreis von 100 Kilometern um Kempten, wo die Lebensmittelkette Feneberg ihren Hauptsitz hat. Immerhin zehn Prozent des Umsatzes macht die Bio-Marke beim Allgäuer Familienunternehmen aus. Denn von regional-ökologischen Produkten profitieren Verbraucher und Bauern gleichermaßen, davon sind die Initiatoren überzeugt.
Martin Huber zum Beispiel arbeitet als Kartoffelbauer seit 1992 mit Feneberg zusammen. Anfangs verkaufte er seine Kartoffeln als Eigenmarke im Supermarkt und war skeptisch, als Feneberg sie unter dem Label „VonHier“vertreiben wollte. Doch er habe nun persönliche Ansprechpartner auf Augenhöhe, die Verständnis zeigten für Ertragsschwankungen bei der Ernte.
Wie er seinen Betrieb dadurch weiterentwickeln konnte, erzählt Huber in dem Buch „So schön kann Landwirtschaft sein“. Darin hat Herausgeber Ernst Wirthensohn 20 Geschichten von Bio-Betrieben gesammelt. Sie zeigen, wie Bauern dank des „VonHier“-Modells dauerhaft erfolgreich und in Einklang mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen produzieren können. Als „Win-win-win-Situation für Mensch, Tier und Umwelt“bezeichnet Wirthensohn das Konzept. Also alles gut in „Heidi-Land“, wie er das Allgäuer Idyll nennt?
Noch lange nicht, weiß der Agrarexperte. „Der oberste Chef eines Landes muss mit den Lebensmittelketten reden“, fordert er. Richard Mergner, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz, stimmt zu: Discounter drückten die Preise stark, das mache die Bauern, die Landwirtschaft und die Natur kaputt. Es fehle an Ehrlichkeit und Transparenz. Doch mit den Dokumentationen im Buch könne man anders auf alle zugehen. Er möchte das Buch auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) übergeben.
Denn der eben beschlossene Eigentumspakt der Staatsregierung helfe der regionalen Landwirtschaft wenig. Hunderte Agrarmillionen, die nach Bayern fließen, würden hier falsch verteilt, nämlich hauptsächlich nach der Größe der Betriebsfläche und nicht nach Kriterien wie Fruchtfolge, Artenvielfalt, Arbeitsplätze und -bezahlung.
Ob Feneberg mit seinem Konzept auch in Augsburg punktet, wird sich zeigen: 2019 eröffnet eine Filiale in der City-Galerie.