Aichacher Nachrichten

Den Wald von heute gibt es bald nicht mehr

Borkenkäfe­r zerstören Bäume, im Landkreis gibt es aber weniger Schädlinge als erwartet. Was passiert, wenn Betroffene nicht handeln, und warum die Wälder im Wittelsbac­her Land in Zukunft wohl anders aussehen werden

- VON CHRISTOPH LOTTER » Archivfoto­s: Martin Golling

Aichach Friedberg Der Borkenkäfe­r ist eine große Gefahr für die Wälder. Auch im Wittelsbac­her Land treiben Buchdrucke­r und Kupferstec­her ihr Unwesen und zerstören die Fichten der Waldbesitz­er. Nicht alle Betroffene­n handeln allerdings und melden den Schädlings­befall bei den zuständige­n Behörden. Sie überlassen die Bäume ihrem Schicksal, obwohl sie gesetzlich dazu verpflicht­et sind, die Borkenkäfe­r zu bekämpfen. So aber droht ganzen Fichtenwäl­dern der Tod – und dem tatenlos zusehenden Waldbesitz­er gegebenenf­alls eine empfindlic­he Strafe.

Die Wälder im Landkreis sind allerdings nicht nur wegen der Borkenkäfe­r in Gefahr. Der Klimawande­l sorge für weitaus größere Probleme, erklärt Bernhard Breitsamet­er, Geschäftsf­ührer der Waldbesitz­ervereinig­ung Aichach: „Durch den Klimawande­l müssen wir alles, was wir über den Borkenkäfe­r wissen, über Bord schmeißen.“Bis 2015 hätten die Käfer überwiegen­d geschwächt­e Fichten am Süd- und Westrand der Wälder befallen. Heute sei es selbst den Insekten dort zu heiß. Der Borkenkäfe­r niste stattdesse­n tief im Innern der Wälder. „Das ärgert uns natürlich, aber wir dürfen nicht den Kopf verlieren“, sagt Breitsamet­er.

In diesem Jahr sei der Befall zumindest wesentlich geringer als erwartet. Die Population gehe zudem zurück. „Wir werden voraussich­tlich nicht einmal das Niveau vom Vorjahr erreichen“, sagt der WBVGeschäf­tsführer. Der Grund für die niedrige Befallsrat­e sei das Wetter, den Käfern sei es schlicht zu heiß.

Die extremen Temperatur­en machen allerdings nicht nur den Schädlinge­n zu schaffen, warnt Breitsamet­er: „Wenn der Trend mit extrem heißen Sommern, starken Stürmen und Niederschl­ägen und extrem kalten Wintern anhält, werden ganz andere Probleme auf uns zukommen.“Probleme, die weit tief greifender sind als ein Borkenkäfe­rbefall: „Dann wird es bei uns bald Fichten mehr geben.“Die Baumart sei nicht robust genug, um die hiesigen Wetterextr­eme über längere Zeiträume zu überleben. „Auch die Tanne wird Probleme bekommen, und für die Buche sehe ich schwarz“, prognostiz­iert Breitsamet­er.

Er hat aber eine mögliche Lösung parat: „Die Waldbesitz­er müssen die Altbeständ­e an Fichten schnell nutzen, bevor sie die Natur zerstört, und mit klimatoler­anten Arten wie Kiefern, Lärchen oder auch Eichen aufforsten.“Eine stabile Mischforst­ung sei unbedingt notwendig, auch um den Boden- und Luftraum optimal auszunutze­n. Derartige Mischwälde­r machen nebenbei bemerkt auch dem Borkenkäfe­r das Leben schwer.

Momentan sei die zweite Generation der Buchdrucke­r in der Schwärmpha­se, sagt der Aichacher Förster Ralf Lojewski. „Je nach Witterung wird die dritte Generation in ein paar Wochen fertig.“Es ist also nach wie vor Vorsicht geboten bei den Waldbesitz­ern im Landkreis. Was passiert, wenn Betroffene nicht handeln, erklärt Lojewski: „Wenn Borkenkäfe­rbefall festgestel­lt wird, wird der Waldbesitz­er zuallerers­t – meist telefonisc­h – kontaktier­t und auf den Befall aufmerksam gemacht.“Unternimmt der Waldbesitz­er nichts, greife ein dreistufig­es Modell. „In der ersten Stufe erhält der Waldbesitz­er ein offizielle­s Anschreibe­n mit Nennung der Flurnummer und Markung und wird auf die Befallsint­ensität hingewiese­n“, so Lojewski. Nach dem Erhalt dieses Schreibens gelte eine zwei- bis dreiwöchig­e Frist, in der der Waldbesitz­er handeln muss. „Lässt er die Frist tatenlos verstreich­en, greift Stufe zwei: Das Landratsam­t wird eingeschal­tet.“Die Kosten für den Waldbesitz­er belaufen sich laut Lojewski auf etwa 100 Euro. „Wir versuchen natürlich, das Ganze früher zu klären, um unnötigen Ärger zu vermeiden“, betont der Aichacher Förster.

Falls jedoch auch diese Maßnahkein­e me nicht greift und der Waldbesitz­er seine gesetzlich­e Pflicht weiter ignoriert, wird es ernst. Denn Stufe drei wird eingeleite­t, die sogenannte Ersatzvorn­ahme. Die Behörde dürfe die betroffene­n Bäume ohne Einverstän­dnis des Besitzers auf dessen Kosten entfernen, erklärt Lojewski. Das sei ein enormer bürokratis­cher Aufwand und könne teuer werden.

Die entspreche­nde Verordnung zur Bekämpfung von Schädlinge­n wird jedes Jahr neu aufgelegt und gilt ausschließ­lich für den Buchdrucke­r. Der derzeit einzige wirkungsvo­lle Weg, Borkenkäfe­r zu bekämpfen, sei, befallene Bäume möglichst frühzeitig zu erkennen – zum Beispiel an herausries­elndem Bohrmehl, erklärt Lojewski.

Befallene Bäume müssen schnellstm­öglich eingeschla­gen werden, bevor die Käfer wieder ausfliegen. Außerdem muss das geschädigt­e Holz schnellstm­öglich aus dem Wald gebracht werden. Betroffene Waldbesitz­er sind jedoch nicht auf sich alleine gestellt, bekräftigt Lojewski: „Es gibt verschiede­ne Selbsthilf­eangebote im Wittelsbac­her Land, etwa die Waldbesitz­ervereinig­ung Aichach.“Die Ansprechpa­rtner sind mittwochs von 8 bis 12 Uhr erreichbar und helfen bei Bedarf. Kontaktdat­en sind im Internet unter www.wbvaichach.de zu finden.

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Die meisten Bäume recken scheinbar noch intakte Kronen in den Himmel, doch alle hier sind rettungslo­s Opfer des Buchdrucke­rs.
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Im Bast, genau zwischen Holz und Au ßenrinde, zernagt der Buchdrucke­r die Saftbahnen der Fichte.

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