Ja, wo laufen sie denn
Was derzeit an Erbärmlichem anlässlich der Weltreiterspiele im amerikanischen Tryon stattfindet, führt in gestrecktem Galopp zu Loriot auf die Rennbahn. „Ja, wo laufen sie denn“, belästigt in diesem Sketch ein aufgeregter Pferdesport-Novize seinen genervten Nachbarn. Und jammert, das Fernglas verkehrt herum in Händen, weiter: „Mein Gott, bei mir ist alles dunkel.“Treffender lässt sich die Situation für die WMTeilnehmer nicht ausdrücken. In den Zelten und Notunterkünften, in denen die Betreuer schlafen, gibt es kein Licht und wo die Pferde laufen, versinken sie im Schlamm der Baustellen. Die WM in Tryon hat inzwischen begonnen, aber es herrscht noch immer Chaos – und das nicht nur baulich.
Das Distanzrennen über ursprünglich 160 Kilometer wurde zuerst neu gestartet, weil einige Reiter den falschen Weg eingeschlagen hatten – und dann komplett abgebrochen. Hitze und Luftfeuchtigkeit in North Carolina bremsten Reiter und Pferde aus. Die bislang beste WM-Entscheidung. Noch besser wäre es, Distanzreiten unter Wettbewerbsbedingungen komplett zu streichen. Bei den Weltreiterspielen vor vier Jahren hatten 38 von 170 gestarteten Pferden das Ziel erreicht.
Etliche Pferde hatten das Rennen nicht überlebt. Im Distanzreiten dominieren Männer, denen ihr Pferd egal ist, die es für den Erfolg in den Tod treiben. Nicht selten kommen sie aus arabischen Staaten, in denen diese Art der organisierten Tierquälerei großes Ansehen genießt. 2015 hat der Weltverband FEI die Vereinigten Arabischen Emirate wegen brutaler Methoden seiner Distanzreiter aus seinem Kreis ausgeschlossen. So gesehen war es für die Pferde ein Glück, dass in Tryon nichts funktioniert. Es kamen alle lebend nach Hause. Das muss inzwischen auch der Anspruch der Reiter sein. Monatelang haben sie sich auf das größte Reitsport-Ereignis der Welt vorbereitet – und erleben ein Desaster. Sie bezahlen jetzt den Preis für den kurzfristigen Rückzug des ursprünglichen Ausrichters, des kanadischen Bromont.
Tryon ist kurz entschlossen eingesprungen, hat mit einer beeindruckenden Infrastruktur geworben und den Weltverband überzeugt. Nun stellt sich heraus, dass die Freude über den kurz entschlossenen Ersatzgastgeber den kritischen Blick auf die Umstände getrübt hat. Besonders bitter ist das für den Deutschen Reiterverband. Die deutschen Pferdefreunde haben Ärger mit alkoholisiertem und sexuell übergriffigem Nachwuchs, der ihren Ruf ramponiert. Eine glänzende WM könnte helfen, ihn wieder aufzupolieren. Aber in Tryon ist noch alles dunkel.