Ein Kirchenschiff der anderen Art
Der Metallbauer Xaver Ostermaier und der Künstler Martin Knöferl haben einen Hochseecontainer recycelt. Ergebnis: Die modern ausgestattete Heilig-Geist-Kapelle steht als Glaubenszeugnis mitten im Aresinger Gewerbegebiet
Aresing/Aichach Über die Kunst lernte Martin Knöferl den Metallbauer Xaver Ostermaier kennen und über den Glauben entstand eine Freundschaft. Aber wo genau die Idee herkam, gemeinsam einen alten Hochseecontainer zu einer Kapelle umzubauen, kann Knöferl nicht mehr so genau sagen. Jetzt steht sie mitten im Gewerbegebiet in Aresing (Kreis Neuburg-Schrobenhausen). „Wir arbeiten viel zusammen“, erzählt Knöferl. Denn Knöferl, der bei der Diözese Augsburg arbeitet, bringt seinen Glauben in der Freizeit in einer anderen Form zum Ausdruck: Aus Holz und Glas fertigt er besondere Kreuze und Kunstwerke oder gestaltet ganze Räume. Aus den Balken, die bei der Sanierung der Aichacher Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt ausgetauscht werden mussten, fertigte der Religionspädagoge 61 Kreuze, jeweils mit einer farbigen Glasscheibe in der Mitte. Der Erlös floss in die Kirchensanierung. Auch aus dem alten Dachstuhl der Wallfahrtskirche St. Leonhard in Inchenhofen machte Knöferl solche Kreuze. Immer wieder ist der Künstler bei seinen Arbeiten auf einen fähigen Metallbauer angewiesen, der ihm bei besonderen Aufträgen hilft. „In Dießen am Ammersee habe ich einen Meditationsraum mit einer elf Meter langen, gebogenen Glaswand eingerichtet“, erzählt Knöferl. „Ohne eine Metallkonstruktion geht das nicht.“Und Ostermaier ist sein Mann für spezielle Herausforderungen.
Schon vor sieben Jahren hat Ostermaier dem Künstler aus Hörzhausen (Stadt Schrobenhausen) erzählt, dass er eine Kapelle bauen möchte. Und dass diese aus Metall sein sollte, versteht sich fast von selbst. Und wer könnte die Innengestaltung besser übernehmen als ein Künstler, der sich auf religiöse Raumgestaltung und Kirchenkunst spezialisiert hat? „In den sieben Jahren hat der Kapellenbau natürlich auch stagniert“, sagt Knöferl. Aber die Idee ließ die Männer nie los. Die Glocke, die heute im Türmchen der Kapelle hängt, habe Ostermaier schon vor sechs Jahren zu seinem 50. Geburtstag geschenkt bekommen. Jetzt krönt sie den ehemaligen Hochseecontainer und lässt ihn schon von Weitem als Gotteshaus erkennen. „Ein Container ist umbauter Raum“, sagt Knöferl. Also eigentlich perfekt geeignet, um ihn als Grundlage für ein Gebäude aus Metall zu verwenden. Aber kann ein Container, der für Transport und Lagerung gemacht ist, auch ein spiritueller Ort werden? Der Raum müsse sich öffnen, da waren sich die Männer schnell einig. „Einen richtigen Plan gab es aber nie“, sagt Knöferl. „Eher Skizzen.“Der Künstler beschrieb dem Metallbauer, was er sich vorstelle – zwölf lange Fenster und ein Rundfenster – und der führte die Arbeiten aus.
Wenn Knöferl jetzt auf der Holzbank an der kurzen Seite des Containers in der Sonnenhamer Straße sitzt, blickt er in einen hellen, modern gestalteten Raum. Automa-
Das Blau der Fenster strahlt Ruhe und Kraft aus
tisch wandert der Blick zum tiefblauen Rundfenster mit der goldenen Taube. Das Kreuz, das in den meisten Kirchen und Kapellen hier hinter dem Altar hängt, muss man in der Kapelle im Aresinger Gewerbegebiet fast suchen: Es ist dezent in das Metallgitter eingearbeitet, das den Eingangsbereich vom Altarraum trennt.
Knöferl sitzt auf der Bank, die Eingangstüren sind beide geöffnet und eine leichte Brise zieht durch die Kapelle. „Die meisten Besucher sind von der Kapelle überrascht“, sagt er. Eine Frau, die eigentlich aus der Kirche ausgetreten sei, habe ihm erzählt, dass der Raum sie mit sich selbst in Berührung bringe. Und an den vielen abgebrannten Teelichtern erkennt Ostermaier, der die Kapelle am Rande seines Grundstücks aufgebaut hat, dass immer wieder Menschen hier innehalten.
Fast wie bestellt hält in dem Moment Horst Rössler, ehemaliger Bürgermeister von Aresing, mit seinem Fahrrad vor der Tür. Er fährt regelmäßig nach Unterweilenbach, der Radweg führt direkt an dem ehemaligen Container vorbei. „Wenn die Tür auf ist, halt ich kurz an“, sagt er. Zu seiner Zeit als Bürgermeister sei auch eine Kapelle gebaut worden, „aber die hier ist etwas Besonderes“. Sicherlich liegt Rösslers Begeisterung für den Bau zum Teil auch daran, dass in die Eingangstür eine Botschaft von Johann Michael Sailer, berühmtester Sohn von Aresing, eingearbeitet ist: „Herr, nimm mich, wie ich bin“, ist das Sailer-Zitat in das rote Glas der Tür eingelassen. Verlässt der Besucher die Kapelle wieder, sieht er den zweiten Teil des Zitates auf der Innenseite: „Herr, mach mich, wie du mich haben willst.“Der Altbürgermeister setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Sailer im kollektiven Gedächtnis der Gemeinde präsent bleibt.
Für Knöferl und für Ostermaier ist die Kapelle genau so geworden, wie sie sie haben wollten. Aus einem alten Hochseecontainer wurde ein Stück sichtbarer Glaube.