Wegbefördert
Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen verliert seinen Job und rückt als Staatssekretär an die Seite von Innenminister Horst Seehofer. Wie zwei Parteichefs mühsam ihr Gesicht wahren und ein hoher Beamter profitiert
Berlin Der, um den sich seit Tagen alles drehte, der die Schlagzeilen beherrschte und die Große Koalition an den Rand einer erneuten Krise brachte, saß im Kanzleramt nicht mit am Tisch. Dabei ging es nur um ihn. Bei ihrem mit Spannung erwarteten Krisentreffen redeten die Chefs von CDU, CSU und SPD, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Innenminister Horst Seehofer und Fraktionschefin Andrea Nahles, am späten Dienstagnachmittag zwar über Hans-Georg Maaßen, aber nicht mit ihm. Vor allem aber redeten sie über sich. Die seit Tagen schwelende „Causa Maaßen“sollte vom Tisch und ein Bruch der Großen Koalition nach gerade einem halben Jahr nach Vereidigung der Minister verhindert werden.
Um 17.49 Uhr – nach knapp zwei Stunden – ist die Koalition gerettet mit einem typischen Kompromiss. Er ist einzig darauf ausgelegt, dass alle Beteiligten irgendwie ihr Gesicht wahren können und niemand so beschädigt wird, dass die Koalition in Gefahr gerät. Der 55-jährige Hans-Georg Maaßen muss zwar nach rund sechs Amtsjahren in Köln seinen Hut nehmen und verliert seinen Job an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Besoldungsstufe B 9: Grundgehalt 11577,13 Euro). Aber er wird nun zum Staatssekretär im Innenministerium befördert, wo es bereits insgesamt acht beamtete und parlamentarische Staatssekretäre gibt. Das ist ein Aufstieg, politisch wie finanziell. Denn mit dem Wechsel ist eine Beförderung in die übernächste Besoldungsstufe (B 11: 14 157,33 Euro) verbunden. Macht ein Gehaltsplus von fast 2600 Euro.
Ein Deal, der keinen der Beteiligten beschädigt. Einerseits setzte sich SPD-Chefin Andrea Nahles („Maaßen muss gehen und er wird gehen.“) durch, die bereits seit Donnerstag eine Ablösung Maaßens gefordert hatte. Anderseits konnte aber auch Innenminister Horst Seehofer von der CSU, der vergangenen Mittwochabend nach der Sondersit- des Innenausschusses und am Donnerstag vor dem Bundestag Maaßen noch demonstrativ sein Vertrauen ausgesprochen hatte, dem Wechsel zustimmen: Nun kann er in seinem Ministerium weiter vertrauensvoll mit Maaßen zusammenarbeiten.
In der SPD sind viele angesichts der Beförderung Maaßens fassungslos. Ein Genosse flüchtet sich in Galgenhumor: „So sind wir. Wir setzen uns immer für Arbeitnehmer ein.“Juso-Chef Kevin Kühnert sagte: „Ein Verfassungsschutzpräsident, der rechte Verschwörungstheorien verbreitet und verteidigt, ist offensichtlich ungeeignet für ein öffentliches Amt und gehört daher in den Ruhestand versetzt.“Parteivize Natascha Kohnen erklärte, sie halte Seehofer als Innenminister nicht mehr für tragbar.
Die SPD Linke flüchtet sich in Galgenhumor
der neue Staatssekretär im großen Ministerium für Inneres, Bau und Heimat zuständig sein soll, will Innenminister Seehofer am heutigen Mittwoch bekannt geben. Wer ihm in Köln nachfolgt, ist noch offen. Die Entscheidung, Maaßen abzuberufen, war im Hintergrund längst gefallen, nachdem sich Angela Merkel hinter den Kulissen auf die Seite der SPD gestellt und ebenfalls für die Ablösung Maaßens ausgesprochen hatte. Nun galt es nur noch, eine Lösung zu finden, der auch Horst Seehofer zustimmen kann, ohne sein Gesicht zu verlieren. Hinter den Kulissen wurde eifrig telefoniert und an Konzepten gezung feilt. Den ganzen Tag über herrschte an Gerüchten und Spekulationen kein Mangel.
Horst Seehofer, der nach seinem ursprünglichen Terminplan am Dienstag in seiner Eigenschaft als Bauminister auf dem „Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik“in Frankfurt am Main eine Rede halten und an einer Pressekonferenz teilnehmen wollte, hatte kurzfristig seine Teilnahme abgesagt. Dafür beriet er sich vor dem Krisentreffen mit seinen engsten Vertrauten im Innenministerium. Am Nachmittag führte er im Kanzleramt zunächst ein Vier-AugenGespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, um eine gemeinsame Linie der Unionsschwestern zu erzielen, erst danach stieß SPD-Chefin Andrea Nahles dazu.
„Die Lage ist sensibel, der VorWofür gang ist sensibel und deshalb muss man auch umsichtig damit umgehen“, hatte Seehofer am Montagabend noch gesagt, wobei er sich optimistisch zeigte, „dass wir wegen unserer Verantwortung auch für das Fortbestehen der Regierung morgen zu abschließenden Entscheidungen kommen“. Am Dienstag schwieg er, genauso wie die Kanzlerin und Andrea Nahles.
Von einer „unfassbaren Mauschelei“sprach am Abend GrünenFraktionschefin Katrin GöringEckardt. „Wer illoyales Verhalten und Kuschelei mit der AfD belohnt statt ahndet, hat jedes Gespür für Anstand verloren. Und die SPD macht alles mit.“Und LinkenFraktionschef Dietmar Bartsch höhnte: „Das Innenministerium ist keine Resterampe für politisch unhaltbare Beamte.“