Aichacher Nachrichten

U Haft für Arnault

Nobelpreis-Skandal weitet sich aus

- (afp)

Peter Witzgall: Wir machen Duftforsch­ung und arbeiten wie viele Biologen mit Drosophila melanogast­er, einer Taufliegen­art. In einer vierjährig­en Forschungs­arbeit konnten wir deren Pheromon identifizi­eren, ein Duftstoff, den Weibchen bei der Paarung abgeben. Wissenscha­ftlich gesehen ist eigentlich das eine kleine Sensation. Wir haben auch gezeigt, dass Menschen dieses Pheromon riechen können, obwohl die Fliegen es in Nanogramm-Mengen abgeben. Das sind Millionste­l eines Milligramm­s. Man kann das auch so veranschau­lichen: Ein Nano der Weltbevölk­erung sind sieben Menschen. Der eigentlich­e Clou ist also, dass wir dank des Pheromonge­ruchs Fliegenmän­nchen und -weibchen unterschei­den können. Und weil allgemein bekannt ist, dass Weinkenner schmecken, ob eine Fliege in ihr Glas gefallen war, hatten wir die Idee zu unserem Weinexperi­ment.

Was sind konkret die wissenscha­ftlichen Erkenntnis­se aus diesen vier Jahre dauernden Forschunge­n?

Witzgall: Unsere Duftrezept­oren sind anders gebaut als die der Fliegen. Das bedeutet, die Evolution hat zwei Wege erfunden, diese Substanz zu riechen. Sie muss deshalb besonders wichtig sein. Da stellt sich jetzt also die Frage, was der Stoff für uns bedeutet. Denn dass wir so sensibel darauf reagieren, ist ein Beweis, dass er für uns eine große Bedeutung hat. Welche genau, das versuchen wir gerade herauszufi­nden.

Wenn so viel wissenscha­ftliche Erkenntnis in der Arbeit steckt, warum wird das auf die These „Weinkenner riechen Fliegen im Glas“verkürzt?

Es geht natürlich immer auch darum, das Ganze einer breiten Öffentlich­keit zu vermitteln. Der Text, den ich da geschriebe­n habe, ist ja nicht so unkomplizi­ert. Der Wein ist da einfach ein gutes Vehikel, um Interesse auf das Thema zu lenken. Das Weinexperi­ment in einem eigenen Aufsatz zu veröffentl­ichen, war ursprüngli­ch aber nicht geplant.

Warum haben Sie sich denn für diesen ungewöhnli­chen Preis beworben? Witzgall: Das haben wir nicht. Da wird man ausgewählt. Es kommt einfach eine überrasche­nde E-Mail mit der Frage, ob man den Preis akzeptiert. Und ich hab am Anfang wirklich gezweifelt, ob sich das lohnt, extra hinzuflieg­en. Ich hatte befürchtet, dass das Ganze nur Gaudi sei. Das war es aber Gott sei Dank nicht. Der Preis betont humorvolle, teils sogar absurde Momente in der Wissenscha­ft. Ist aber dadurch auch erhöhend, weil er zeigt, dass die

Wie war es für Sie, eine Vorlesung an einer so renommiert­en Uni wie dem MIT zu halten?

Witzgall: Ich hab mich ehrlich gesagt nie ums MIT gekümmert, weil das für uns nicht in Reichweite ist. Wir waren immer an anderen Unis, an normalen. Wenn man dort ist, versteht man, warum die führend sind. Die setzen einfach voll auf Qualität. Alle Veranstalt­ungen sind Pflicht, dementspre­chend war auch unsere Vorlesung gut besucht.

Gibt es auch einen Wermutstro­pfen bei der ganzen Sache? Stockholm Im Prozess um den Vergewalti­gungs-Skandal, der die für die Vergabe des Literatur-Nobelpreis­es zuständige Schwedisch­e Akademie erschütter­t, hat das Gericht Untersuchu­ngshaft gegen den Angeklagte­n Jean-Claude Arnault verhängt. Anklägerin Christina Voigt hatte ihre Forderung am Montag mit Fluchtgefa­hr begründet. Sie forderte zudem drei Jahre Gefängnis. Der 72-jährige Arnault sei „sehr schockiert“, sagte sein Anwalt Björn Hurtig. Arnault bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Der Ehemann eines langjährig­en Akademiemi­tglieds steht wegen des Vorwurfs der zweifachen Vergewalti­gung einer Frau vor Gericht. Im November war der Franzose im Zuge der #MeToo-Kampagne von 18 Frauen wegen sexueller Übergriffe beschuldig­t worden.

Nach Recherchen der Zeitung Dagens Nyheter soll er über Jahre hinweg weibliche Mitglieder der Akademie, Mitarbeite­rinnen sowie Frauen und Töchter von Akademiemi­tgliedern sexuell belästigt oder missbrauch­t haben. In der aktuellen Anklage geht es um eine Frau, die er in Stockholm im Jahr 2011 zwei Mal vergewalti­gt haben soll. Ein Urteil soll am 1. Oktober fallen. Wegen des Skandals war die Vergabe des Literatur-Nobelpreis­es für das Jahr 2018 verschoben worden.

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Foto: dpa Jean Claude Arnault am Montag auf dem Weg in den Gerichtssa­al.
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Peter Witzgall

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