Ein Musiker-Paar mit wenig Zeit zu zweit
Künstlerkarrieren (32) Geigerin Sarah Christian und Cellist Maximilian Hornung sind viel beschäftigt – meist an weit voneinander entfernten Orten
München Für ein Paar, das die beiden sind, lassen sich Sarah Christian und Maximilian Hornung verflixt schwer für ein gemeinsames Treffen zusammen bekommen. Konzerte hier, Konzerte dort. Mal ist Geigerin Christian mit ihrem Orchester unterwegs, mal erklimmt Cellist Hornung zwischen Ansbach, Aschaffenburg und Antwerpen eine Bühne nach der anderen. Ist dann endlich ein Termin gefunden, an dem die beiden Vielbeschäftigten zeitgleich an ihrem Wohnort München anzutreffen sind, kommt im letzten Moment eine „Sorry“-Mail, weil Hornung auf die Schnelle irgendwo einspringen muss.
Aber dann klappt es doch einmal. Die beiden haben einige gemeinsame Tage in München vor sich, und so trifft man sich an der Ecke der Straße, in der sie wohnen, zum Gespräch für ein Stündchen im Café. Natürlich kommt da gleich die Frage auf den Tisch, weshalb die beiden sich ausgerechnet München zum Wohnsitz auserkoren haben – wo Sarah Christian doch am anderen Ende der Republik verpflichtet ist, in Bremen bei der Deutschen Kammerphilharmonie, und Maximilian Hornung als nicht fest Gebundener eigentlich überall seine Zelte aufschlagen könnte? „München“, sagt Hornung, „ist für uns wie eine Insel.“Beide schätzen das unaufgeregte Großstadtflair an der Isar und die Kulturbegeisterung der Leute hier. München ist für die beiden aber auch ein Stück Heimat, und das aus einem besonderen Grund: wegen der Nähe zu Augsburg.
Sarah Christian und Maximilian Hornung sind beide in Augsburg groß geworden, haben hier die Grundsteine für ihre Karriere gelegt. Beide stammen aus Elternhäusern mit Berufsmusikern, und weil ihre Väter sich kannten, trafen auch Sarah und Max bereits im Kindesalter zusammen. Doch wurde erst viele Jahre später mehr daraus.
Mittlerweile hat für die Geigerin wie für den Cellisten die Karriere steil nach oben geführt. Die 28-jährige Christian hat bereits seit einigen Jahren einen der drei Konzertmeisterposten bei der hoch renommierten Deutschen Kammerphilharmonie inne. Dazu kam im vergangenen Jahr ein fulminanter Wettbewerbs- Beim Internationalen ARDWettbewerb errang sie den zweiten Preis, bemerkenswert umso mehr, als ein erster nicht vergeben wurde. Maximilian Hornung wiederum ist mit seinen 32 Jahren einer der führenden deutschen Cellisten. Gerade mal 23-jährig wurde er erster Solocellist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Das Orchester
Hin und wieder gibt es gemeinsame Auftritte
hat er 2013 jedoch wieder verlassen, um sich ganz einer solistischen Laufbahn zu widmen.
Beide Karrieren fordern jedoch ihren Tribut. „Fünf Jahre sind wir jetzt zusammen, gefühlt sind es drei“, sagt er zu ihr gewandt, darauf anspielend, dass die gemeinsame Zeit recht knapp bemessen ist. Wenigstens lassen die Terminkalender hin und wieder einen gemeinsamen Auftritt zu. So wie jetzt im Oktober in Gersthofen bei Augsburg, wo beide Brahms’ Doppelkonzert aufführen, oder im Mai nächsten Jahres, wenn sie beim Mozartfest in Augsburg sind. Sind das besondere Momente, wenn sie beide miteinander musizieren? Maximilian Hornung schüttelt entschieden den Kopf. Sa- Christian sieht’s ein bisschen anders, meint: „Im Umgang miteinander ist man eher etwas direkter als mit fremden Musikern.“
Wenn es um Fragen der Künstlerschaft geht, sind die beiden, gewissermaßen in kreativer Auseinandersetzung, durchaus nicht immer derselben Meinung. Als das Gespräch auf das immer häufigere Internet-Streaming von Klassikkonzerten kommt, verzieht Sarah Christian das Gesicht: Die Kameras hielten immer so nah drauf, bekämen dadurch auch das nicht so Gelungene mit, und dann landeten solche Aufnahmen unauslöschlich im Netz… Hornung hält dagegen: Er schaue sich solche Übertragungen ganz gerne an, abends nach Hause gekommen und bei einem Feierabendbierchen …
Beide sind Musiker im KlassikSpektrum, und doch ist, jenseits der unterschiedlichen Instrumente, der Zuschnitt ihres Berufsalltags verschieden. Maximilian Hornung hat dem Orchesterdienst beim BR Adieu gesagt, was zunächst verwunderlich erscheinen mag, hatte er doch eine führende Position in einem der weltbesten Klangkörper inne. „Aber ich bin wohl zu jung in dieses Orchester gekommen. Ich war angestellt nach klaren Vertragserfolg: vorgaben, und da hat es für mich keinen weiteren Spielraum gegeben.“Also hat er die Konsequenz gezogen und den Absprung ins freie Solistenleben gewagt. Nicht zu seinem Schaden, denn über ausbleibende Verpflichtungen mit hochrah mögenden Interpreten kann Hornung sich weiß Gott nicht beklagen.
Sarah Christian dagegen ist zufrieden mit ihrer Stelle bei der Deutschen Kammerphilharmonie. Was nicht zuletzt mit der besonderen Struktur dieses Orchesters zu tun hat. Die Bremer, erklärt sie, verwalten sich selbst, anders als in so vielen Orchestern könne man hier deutlich selbstbestimmter arbeiten und somit auch leichter musikalischen Neigungen anderer Art – etwa der Kammermusik – nachgehen. Da sich außerdem durch den Wettbewerbs-Erfolg bei der ARD „keine große Umgewichtung“in ihrem persönlichen Konzertkalender ergeben hat, wird Sarah Christian also auch weiterhin zwischen München und Bremen pendeln. Eine eigene Wohnung hat sie dort nicht, für die Zeit ihrer Orchesterdienste wohnt sie bei einer Kollegin, zudem ist die Deutsche Kammerphilharmonie viel auf Reisen.
„Die Reiserei“, seufzt Maximilian Hornung, „die nervt schon.“Hier pflichtet Sarah Christian umstandslos bei: „Wenn die nicht wäre, wär’s der schönste Job.“Hornung: „Wenigstens sind wir jetzt mal ein paar Tage zu Hause.“Doch viel Zeit ist es auch diesmal nicht, in drei Tagen geht es schon wieder weiter, ein Festival in der Schweiz. Kleiner Trost: Man tritt dort zusammen auf.
Konzert Im Stadtsaal Gersthofen sind Sarah Christian und Maximilian Hornung am 12. Oktober zusammen mit der Bayerischen Kammerphilharmonie unter Elias Grandy zu hören (20 Uhr).