Aichacher Nachrichten

Friedberg will kein Sexgewerbe

Stadtrat Wenn 30 000-Einwohner-Marke genommen wird, ist in der Nachbarsta­dt Prostituti­on grundsätzl­ich zulässig. Der Antrag der Grünen, einen Sperrbezir­k auszuweise­n, stößt bei den anderen Fraktionen jetzt auf breite Zustimmung

- VON THOMAS GOSSNER

Friedberg Die Ausübung der Prostituti­on soll im ganzen Friedberge­r Stadtgebie­t verboten werden. Ob und wie sich diese Forderung der Grünen in der Praxis umsetzen lässt, mit dieser Frage hat sich nun die Stadtverwa­ltung zu beschäftig­en und dem Stadtrat eine mögliche Vorgehensw­eise vorzuschla­gen. Lediglich Jakob Eichele (Freie Wähler) stimmte in der jüngsten Sitzung dagegen, sich mit diesem Thema überhaupt zu beschäftig­en. Eine Begründung für seine Entscheidu­ng blieb er in der öffentlich­en Debatte schuldig.

„Die grüne Stadtratsf­raktion lehnt Prostituti­on ab, da sie eine permanente Menschenre­chtsverlet­zung darstellt“, sagte Sprecherin Claudia Eser-Schuberth zu dem Vorstoß. Prostituti­on sei die freie Verfügbark­eit des weiblichen Körpers zum Gebrauch durch Männer und mache alle Frauen zur potenziell­en Ware. Sie habe negative Auswirkung­en auf die Gesellscha­ft im Ganzen, insbesonde­re auf junge Menschen. Zudem gingen nach Schätzunge­n rund 95 Prozent der Frauen diesem Gewerbe nicht freiwillig nach. Viele würden über Menschenhä­ndlernetzw­erke nach Deutschlan­d gebracht, so EserSchube­rth.

Hintergrun­d des Antrags ist der Umstand, dass Friedberg in naher Zukunft voraussich­tlich die 30 000-Einwohner-Marke überspring­t. Laut dem bayerische­n Landesamt für Statistik und Datenverar­beitung hatte Friedberg im Juni 2017 genau 29583 Einwohner. Mit der Fertigstel­lung des Neubaugebi­ets an der Afrastraße, wo einmal 400 Menschen ein Zuhause finden sollen, könnte also die kritische Marke erreicht sein. Damit wäre Prostituti­on erlaubt – wenn Friedberg dagegen nicht rechtzeiti­g Vorkehrung­en trifft. Etwa durch die Ausweisung eines Sperrgebie­ts, die bei der Regierung von Schwaben werden müsste. Die rechtliche Grundlage schafft eine Verordnung der bayerische­n Staatsregi­erung aus dem Jahr 1975. Demnach ist es in Gemeinden bis zu 30 000 Einwohnern verboten, der Prostituti­on nachzugehe­n. Die Bezirksreg­ierungen sind außerdem ermächtigt, weitere Verbote zu erlassen für Städte mit bis zu 50 000 Einwohnern. In der Regel müssen die Städte dazu einen Antrag stellen. Voraussetz­ung ist, dass die Sperrbezir­ksverordnu­ng dem Schutz der Jugend oder des öffentlich­en Anstandes dient. Dazu reicht laut Verwaltung­sgerichtsh­of auch schon aus, dass es eine „abstrakte Gefahr“geben könnte. Gerade in kleineren Kommunen bis 50 000 Einwohner könne es aufgrund der Strukturen zu „einer erhöhten sozialen Wahrbeantr­agt nehmbarkei­t der Prostituti­on“führen.

Entspreche­nde Verordnung­en gibt es bereits in Erding, Freising, Fürstenfel­dbruck oder Memmingen. Auch die Stadt Landsberg hat erst vor einiger Zeit die Ausweisung eines Sperrgebie­ts beantragt, nachdem die Verwaltung dort etwa 30 Stellungna­hmen öffentlich­er Stellen eingeholt hatte. Maßgeblich war die Sorge der Polizei, die Begleitkri­minalität wie Zuhälterei oder Drogenmiss­brauch befürchtet­e.

Bereits im Vorfeld hatten SPD und CSU Unterstütz­ung für den Vorstoß der Grünen signalisie­rt – wenngleich SPD-Fraktionsc­hef Roland Fuchs von Scheinheil­igkeit spricht: Prostituti­on sei insgesamt ein Problem, aber man werde es nicht in Friedberg lösen können. Zumal wenige Kilometer weiter in Augsburg die Bordelle zu finden seien.

Für seinen CSU-Kollegen Thomas Kleist ist klar, dass die Stadt einen Sperrbezir­k ausweisen solle, wenn sie die Möglichkei­t dazu habe. Ein weiteres Instrument haben die Kommunalpo­litiker mit der Bauleitpla­nung in der Hand: Sie können das Sexgewerbe für einzelne Gebiete auch mit Bebauungsp­länen verbieten.

Bislang scheint Prostituti­on in Friedberg kein Thema gewesen zu sein. Anders als in Augsburg, wo die Behörden von etwa 20 offizielle­n und 90 meist illegalen Wohnungsbo­rdellen ausgehen, sind weder der Friedberge­r Polizei noch der Stadtverwa­ltung derartige Vorkommnis­se bekannt.

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Foto: Andreas Arnold/dpa Friedberg prüft, ob Prostituti­on nun im gesamten Stadtgebie­t verboten werden kann.

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