Reisende verstehen nur Bahnhof
Verkehr Neue klare Stimme für 10 000 Lautsprecher gesucht
Hieß es aus dem Lautsprecher jetzt Gleis 2 oder doch Gleis 3? Wie war das noch mal genau mit der verspäteten Einfahrt des Zuges? Quietschende Bremsen, abfahrende Züge, Stimmengewirr, dann ertönt auch noch eine Trillerpfeife und der Bahnreisende versteht mal wieder nur Bahnhof. Die entscheidenden Informationen gehen im Hintergrundrauschen unter. Keine unbekannte Situation für Fahrgäste.
Aber was tun? Die Bahn will sich eine neue Stimme geben. Das Casting läuft. Drei Frauen und drei Männer müssen sich gerade vor einer Jury aus Bahn-Mitarbeitern und Mitgliedern des Kundenbeirats behaupten. Hauptkriterium ist, wie verständlich die Durchsagen trotz größten anzunehmenden Bahnhofslärms klingen. Die Störgeräusche, bei denen man fast nichts versteht, kommen vom Band. Toningenieur Oliver Achatz mischt eine MännerStimme hinein – kaum ein verständliches Wort dringt durch den Lärm. Die zweite Stimme, die einer Frau, lässt zumindest erahnen, dass ein ICE eingefahren ist. Erst die klare und freundliche Stimme der letzten Kandidatin: Um 16.15 Uhr fährt der Zug los. Getestet werden noch andere bahntypische Szenarien. Da kommt auch mal eine tiefe Männerstimme besser rüber. Für die letzte Runde bleiben zwei Männer und eine Frau übrig. Die endgültige Entscheidung trifft der Bahn-Vorstand noch heuer.
Die Aufnahmen im Tonstudio sind für nächstes Jahr angesetzt, sie werden Monate dauern. Eine anstrengende Prozedur: Eingesprochen werden einzelne Silben, aus denen sich per Computer beliebige Wörter formieren lassen. Die neue, hoffentlich sympathische Stimme soll bundesweit an mehr als 10 000 Lautsprechern zu hören sein. Mal sehen, ob deren Technik mithalten kann.