Leiterin des Tierheims Lechleite vor Gericht
Prozess Bei dem Verfahren in Aichach sind Tierärzte und ehrenamtliche Helfer als Zeugen geladen. Vom Ausgang des Prozesses hängt auch ab, ob die Einrichtung weiter betrieben werden darf
Friedberg-Derching Hat die Leiterin des Tierheims Lechleite die beiden Hunde Cäsar und Bruno, die sich in ihrer Obhut befanden, nicht behandeln lassen? Am Amtsgericht Aichach soll das an diesem Mittwoch in einem Strafverfahren gegen Gerlinde Bitzl, die seit 1993 die Einrichtung im Friedberger Ortsteil Derching leitet, geklärt werden. Wie Walter Hell, Direktor des Gerichts, erläutert, kommt es zu diesem Prozess, weil Bitzl gegen einen Strafbe- fehl in Höhe von 2800 Euro Einspruch erhoben hatte. Hell leitet die Verhandlung.
Insgesamt acht Zeugen hat das Gericht geladen. Drei sind ehrenamtliche Helferinnen, die noch für das Tierheim arbeiten oder in der Vergangenheit gearbeitet haben. Außerdem sollen vier Tierärzte aussagen. Darunter die Veterinärin, die laut Bitzls Anwalt Bernhard Hannemann schriftlich ausgesagt hat, dass einer der Hund wegen seines Gewichts nicht operiert werden konnte. Das andere Tier sei operiert worden, doch die Probleme seien zurückgekehrt. Richter Hell zufolge waren bei einem Tier Zähne und Zahnfleisch entzündet. Das andere habe sich nach einer Operation am Gehörgang gekratzt und geblutet. In beiden Fällen hätten Tierärzte eine Behandlung für nötig gehalten.
Hannemann geht davon aus, dass das Verfahren für seine Mandantin positiv ausgehen wird. Man stehe mit dem Landratsamt AichachFriedberg und dem Tierschutzbund in engem Kontakt, so der Rechtsanwalt. Vom Ausgang des Prozesses wird mit abhängen, ob das Veterinäramt am Landratsamt die vor über einem halben Jahr abgelaufene Betriebserlaubnis für das Tierheim verlängert. Der Betrieb sei momentan geduldet, sagt Behördensprecher Wolfgang Müller. Zum Ausgang möchte das Landratsamt keine Prognose abgeben. „Wie die weiteren Schritte aussehen könnten, darüber machen wir uns noch keine Gedanken, weil wir nicht einschätzen können, was in der Verhandlung am Mittwoch alles auf den Tisch kommt“, sagt Müller.
Zwei ehemalige Helferinnen des Tierheims, Melanie Scharm und Daniela Baumgärtner, berichten von weiteren Missständen in der Einrichtung. Sie sagen, die Tiere seien an Sonntagen teilweise nicht betreut worden. Man habe sie mit eingeweichten, teils belegten Semmeln gefüttert und dafür die „manchmal schon gärende Brühe mit Dosenfutter vermischt“. Die Hygiene im Tierheim sei ein „Riesenproblem“. Bei einer Ortsbegehung unserer Zeitung hatte das Tierheim in diesem Sommer ein ordentliches Bild geboten. Dabei hatte Leiterin Bitzl erklärt, dass sie den Tieren kein belegtes Brot verfüttere. Hygienemängel gebe es keine. Und auch an Sonntagen sei die Einrichtung ganztags besetzt.
Nachdem unsere Zeitung im September ausführlich über die Vorwürfe gegen die Leitung des Tierheims berichtet hatte, erreichten unsere Zeitung viele Leserbriefe. Darunter waren einige von ehemaligen Helfern. Aber auch Menschen, die aus der Einrichtung ein Tier adoptiert haben, meldeten sich. Sie erlebten die Einrichtung und den Umgang mit Bitzl unterschiedlich. Die hygienischen Zustände seien schon vor 19 Jahren untragbar gewesen, als sie ehrenamtlich Hunde des Tierheims ausführte, schreibt eine Leserin. Eine weitere ehemalige Helferin berichtet, dass auch noch im vergangenen Jahr abgelaufenes Dosenfutter verfüttert worden sei. Dagegen schreiben mehrere Leser, dass die Tiere, die sie aus der Einrichtung geholt haben, gesund und gut gepflegt gewesen seien. Man schätze es, dass die inzwischen über 80-jährige Chefin des Tierheims die neuen Besitzer der Hunde genau unter die Lupe nehme.
Dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Matthias Nickolai zufolge laufen derzeit weitere Ermittlungen gegen Bitzl wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Viele davon seien jedoch erst frisch aufgelaufen, so Nickolai. Inwiefern sich der Ausgang des Verfahrens auf die Ermittlungen auswirken könnte, dazu will Nickolai keine Prognose abgeben. Im Verfahren heute geht es erst einmal nur um den Fall der beiden Hunde Bruno und Cäsar.
Weitere Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz laufen