Muffats Musik neu entdeckt
Konzert Violinistin Rita Brunner und Alois Kammerl an der Orgel stellen den Komponisten in der Spitalkirche vor
Aichach Die großartige Musik von Georg und Gottlieb Muffat ist im Allgemeinen kaum bekannt. Oder bekannt, aber als langweilig eingestuft. Dabei zählen Vater Georg und Sohn Gottlieb Muffat zu den bedeutendsten Komponisten nicht nur für Tasteninstrumente des deutschen Barock. Mit Werken dieser beiden begann am Sonntag in Aichach eine neue Kirchenmusik-Reihe, gestaltet von Kirchenmusiker Alois Kammerl und der Violinistin Rita Brunner.
Kammerl stellte Georg Muffat mit Händel gleich, die Verbindung ist wahrscheinlich enger als vermutet wurde. Zu hören von Georg Muffat waren Stücke aus dem „Apparatus musico organisticus“. Georg Muffats Werk Apparatus ist eine der größten zusammenhängenden Sammlungen der Orgelliteratur. Daraus spielte Alois Kammerl auf der Orgel die Toccata VIII, auf dem Spinett eine Passacaglia.
Zu Muffats Zeiten hießen wie in diesem Fall die Partituren nur für Tasteninstrumente, also zu spielen auf Orgel oder Spinett, später Harpsichord. Muffat, gebürtiger Savoyer aus einer schottischen Familie, begann ja seine Karriere im Elsass, ging dann nach Paris, um bei Lully zu studieren und hielt sich länger in Rom auf, wo er bei Pasquini studierte und Corelli traf; später wurde Muffat als Protegé Kaiser Leopolds Salzburger Hoforganist und 1690 Passauer Domkapellmeister. Die biografischen Angaben sind im Fall Muffats für das Verständnis der Musik geradezu wesentlich, denn Muffat nahm französische, italienische und süddeutsch-österreichische Stilelemente auf, auch im Apparatus. Violinistin Brunner und Organist Kammerl wussten Interessantes zu erzählen.
Beide Komponisten schrieben ihre Musik in einer Zeit, als sich die temperierte Stimmung mehr und mehr durchsetzte. Muffat stellt an die Spieler höchste Anforderungen: Nicht nur, dass seine Werke technisch anspruchsvoll sind, das Publikum hörte hier deutlich, wie der Komponist mit den Tonarten spielte. Muffat schrieb die Violinsonate D-Dur in Prag. Diese ist, was ihre kompositorische Qualität betrifft, ein Unikum: Melodisch passiert in dieser Musik so gut wie nichts, jedenfalls nichts Aufsehenerregendes: Auf- und absteigende Linien und Klangbrechungen, das war’s. Was sie hervorhebt aus dem SonatenMeer des 17. Jahrhunderts, ist ihre formale Strenge und – mehr noch – die Lust am harmonischen Experiment. Denn Muffat lässt fast alle Tonarten im Verlauf der Sonate einmal berührt. Für die damalige Zeit etwas wahrhaft Unerhörtes! Rita Brunner spielte diese Sonate auf einer Barock-Geige. Diese hat einen kürzeren Hals und der Bogen ist kleiner und hat weniger Fasern. Dadurch klingt die Geige weicher und wärmer. Die Violinistin spielte mit warmen, geschmeidigen Ton diese Musik, die eher introvertiert klingt. Und dennoch verlieh sie dieser virtuosen Musik durch ihr Spiel Schönheit und Eleganz. (riem)