250 Spielgeräte – und jedes ein Unikat
Porträt Eine Anstellung als Maschinenbauingenieur hat Adolf Herzog einst von Salzgitter in den Obergriesbacher Ortsteil Zahling gebracht. Mittlerweile hat der 78-jährige Tüftler dort ein wahres Kinderparadies erschaffen
Obergriesbach-Zahling Adolf Herzog lebt in einem wahren Kinderparadies. In seinem wohl sortierten Spielgeräteraum bewahrt er Bauteile auf, die im Handumdrehen zur Regenbogenschaukel werden können, zur Hängebrücke, zum Wolkenhüpfer oder zum Hängestrickkarussell. Der Bau der Spielzeuge sei mindestens ebenso wichtig wie eine Idee, wo und wie sie platzsparend zu verstauen sind, erklärt der 78-Jährige. Denn so langsam geht dem Schöpfer der unzähligen Spielgeräte der Platz aus. „Eigentlich muss ich aufhören“, berichtet er mit Blick auf jeden genutzten Zentimeter in seinem Kreativkeller. Noch im selben Atemzug ergänzt er: „Aber es gelingt mir nicht.“
Stolz erzählt er, er habe das Höchste erreicht, was man sich nur vorstellen könne. Nach seiner Zeit im Beruf – als Maschinenschlosser und Maschinenbauingenieur – dürfe er seiner Fantasie weiter freien Lauf lassen. Viel mehr, hat er nun die Chance, nicht als ein Rädchen des großen Ganzen zu agieren, wie das häufig in großen Firmen der Fall ist, sondern ein Projekt von der Idee bis zur Umsetzung zu begleiten. Eben das hat Herzog mittlerweile mit 250 Projekten getan. Eine Projektnummer erhielt dabei nicht nur jedes Werkstück, das er gefertigt hat. Sondern auch sein politisches Engagement für spezielle Projekte oder Aktionen, die beispielsweise Kindern einen nachhaltigen Umgang mit der Natur lehren sollten. Was an Werkstücken nicht im Keller steht, befindet sich auf dem von Herzog gepachteten Grundstück direkt neben seinem eigenen. Dort gibt es sowohl Spielgeräte, die immer zur Verfügung stehen, als auch solche, die der 78-Jährige immer dann hervorholt, wenn sich Spielgruppen anmelden. Den Baumkronenpfad können die Kinder immer erklimmen. Dort sind Geschicklichkeit und Konzentration gefragt, wenn die Kinder über die sorgsam montierten Bretter durch die Baumwipfel streifen. Auch der Palisadenweg sorgt für Balancierspaß am Hang. Die Zaunrutsche mit einem Gefährt hinabzurauschen, erfordert hingegen nicht nur Mut, sondern auch Kontrolle über das Fahrzeug.
Melden sich Eltern an, um im Herzog’schen Kinderparadies einen Kindergeburtstag zu feiern, haben sie die Möglichkeit, zahlreiche weitere Spielgeräte zu benutzen: Dann holpert Rodeo, das Holzpferd mit exzentrischen Rädern, über die Wiese. Auch das fahrende Riesenrad, das der 78-Jährige selbst schiebt, ist ein Spielgerät der besonderen Art. Die Torkatze ist ausgestattet mit einem Netz und trainiert so das Zielvermögen des Nachwuchses. Sulky ist ein umfunktionierter Sackkarren. Und Bulero ist ein spezielles Holzdreirad mit einer ganz speziellen Lenkung, die für überraschte Blicke sorgt.
Das Wissen und technische Geschick für all seine Werke hat Herzog während seiner beruflichen Laufbahn gesammelt. Groß geworden ist Herzog in Norddeutschland im Raum Braunschweig/Salzgitter. Dort hat er auch seine Lehre zum Maschinenschlosser absolviert. Nach einem Maschinenbaustudium in Wolfenbüttel arbeitete er daran, die Signaltechnik der Bundesbahn zu verbessern. Schon damals war er im Bereich Konstruktion tätig. Fünf Jahre war ihm der Job spannend genug, dann entschied er: Ich brauche eine Veränderung. Diese sollte ihm die Anstellung bei der Firma Kuka bringen. Auch hier arbeitete Herzog in der Konstruktion und als „Polizist“, wie er rückblickend beschreibt. Bei Problemen wurde er geholt – ob in der Roboterentwicklung oder im Anlagenbau. Warum er seine Zeit bei Kuka vor der Rente beendete, erklärt der 78-Jährige so: „Ich konnte mich immer weniger mit meiner Tätigkeit identifizieren.“Der Plan, was nun folgen sollte, stand bereits fest: „Ich wollte Land und Leute kennenlernen. Menschen, die ich aufgrund der Ar- beit nie kennenlernen konnte.“Dass das nicht ohne kreativen Erfindergeist vonstattengehen würde, ist jedem klar, der Herzog kennt.
Und so kreierte der 78-Jährige sein erstes Spielgerät: ein Vier-SitzWipp-Schaukel-Karussell, das allen Funktionen Rechnung trägt, die es im Namen verspricht. Ein Lieblingswerkstück hat er nicht. Stattdessen freut er sich, wenn die Kinder Spaß beim Wippen, Balancieren und Karussellfahren haben.
Warum Herzog vor allem Spielgeräte kreiert, hat einen einfachen Grund: „Ich mag die Geräusche von Kindern.“Doch der Vater von zwei längst erwachsenen Söhnen, 48 und 51 Jahre alt, hat sich nicht nur als Spielgeräte-Erfinder einen Namen gemacht. Er ist auch mit seinem Umzug in sein eigenes Badezimmer über die kalten Wintermonate (wir berichteten) weit über die Grenzen des kleinen Zahling hinaus bekannt geworden.