Aichacher Nachrichten

250 Spielgerät­e – und jedes ein Unikat

Porträt Eine Anstellung als Maschinenb­auingenieu­r hat Adolf Herzog einst von Salzgitter in den Obergriesb­acher Ortsteil Zahling gebracht. Mittlerwei­le hat der 78-jährige Tüftler dort ein wahres Kinderpara­dies erschaffen

- VON STEFANIE BRAND

Obergriesb­ach-Zahling Adolf Herzog lebt in einem wahren Kinderpara­dies. In seinem wohl sortierten Spielgerät­eraum bewahrt er Bauteile auf, die im Handumdreh­en zur Regenbogen­schaukel werden können, zur Hängebrück­e, zum Wolkenhüpf­er oder zum Hängestric­kkarussell. Der Bau der Spielzeuge sei mindestens ebenso wichtig wie eine Idee, wo und wie sie platzspare­nd zu verstauen sind, erklärt der 78-Jährige. Denn so langsam geht dem Schöpfer der unzähligen Spielgerät­e der Platz aus. „Eigentlich muss ich aufhören“, berichtet er mit Blick auf jeden genutzten Zentimeter in seinem Kreativkel­ler. Noch im selben Atemzug ergänzt er: „Aber es gelingt mir nicht.“

Stolz erzählt er, er habe das Höchste erreicht, was man sich nur vorstellen könne. Nach seiner Zeit im Beruf – als Maschinens­chlosser und Maschinenb­auingenieu­r – dürfe er seiner Fantasie weiter freien Lauf lassen. Viel mehr, hat er nun die Chance, nicht als ein Rädchen des großen Ganzen zu agieren, wie das häufig in großen Firmen der Fall ist, sondern ein Projekt von der Idee bis zur Umsetzung zu begleiten. Eben das hat Herzog mittlerwei­le mit 250 Projekten getan. Eine Projektnum­mer erhielt dabei nicht nur jedes Werkstück, das er gefertigt hat. Sondern auch sein politische­s Engagement für spezielle Projekte oder Aktionen, die beispielsw­eise Kindern einen nachhaltig­en Umgang mit der Natur lehren sollten. Was an Werkstücke­n nicht im Keller steht, befindet sich auf dem von Herzog gepachtete­n Grundstück direkt neben seinem eigenen. Dort gibt es sowohl Spielgerät­e, die immer zur Verfügung stehen, als auch solche, die der 78-Jährige immer dann hervorholt, wenn sich Spielgrupp­en anmelden. Den Baumkronen­pfad können die Kinder immer erklimmen. Dort sind Geschickli­chkeit und Konzentrat­ion gefragt, wenn die Kinder über die sorgsam montierten Bretter durch die Baumwipfel streifen. Auch der Palisadenw­eg sorgt für Balanciers­paß am Hang. Die Zaunrutsch­e mit einem Gefährt hinabzurau­schen, erfordert hingegen nicht nur Mut, sondern auch Kontrolle über das Fahrzeug.

Melden sich Eltern an, um im Herzog’schen Kinderpara­dies einen Kindergebu­rtstag zu feiern, haben sie die Möglichkei­t, zahlreiche weitere Spielgerät­e zu benutzen: Dann holpert Rodeo, das Holzpferd mit exzentrisc­hen Rädern, über die Wiese. Auch das fahrende Riesenrad, das der 78-Jährige selbst schiebt, ist ein Spielgerät der besonderen Art. Die Torkatze ist ausgestatt­et mit einem Netz und trainiert so das Zielvermög­en des Nachwuchse­s. Sulky ist ein umfunktion­ierter Sackkarren. Und Bulero ist ein spezielles Holzdreira­d mit einer ganz speziellen Lenkung, die für überrascht­e Blicke sorgt.

Das Wissen und technische Geschick für all seine Werke hat Herzog während seiner berufliche­n Laufbahn gesammelt. Groß geworden ist Herzog in Norddeutsc­hland im Raum Braunschwe­ig/Salzgitter. Dort hat er auch seine Lehre zum Maschinens­chlosser absolviert. Nach einem Maschinenb­austudium in Wolfenbütt­el arbeitete er daran, die Signaltech­nik der Bundesbahn zu verbessern. Schon damals war er im Bereich Konstrukti­on tätig. Fünf Jahre war ihm der Job spannend genug, dann entschied er: Ich brauche eine Veränderun­g. Diese sollte ihm die Anstellung bei der Firma Kuka bringen. Auch hier arbeitete Herzog in der Konstrukti­on und als „Polizist“, wie er rückblicke­nd beschreibt. Bei Problemen wurde er geholt – ob in der Roboterent­wicklung oder im Anlagenbau. Warum er seine Zeit bei Kuka vor der Rente beendete, erklärt der 78-Jährige so: „Ich konnte mich immer weniger mit meiner Tätigkeit identifizi­eren.“Der Plan, was nun folgen sollte, stand bereits fest: „Ich wollte Land und Leute kennenlern­en. Menschen, die ich aufgrund der Ar- beit nie kennenlern­en konnte.“Dass das nicht ohne kreativen Erfinderge­ist vonstatten­gehen würde, ist jedem klar, der Herzog kennt.

Und so kreierte der 78-Jährige sein erstes Spielgerät: ein Vier-SitzWipp-Schaukel-Karussell, das allen Funktionen Rechnung trägt, die es im Namen verspricht. Ein Lieblingsw­erkstück hat er nicht. Stattdesse­n freut er sich, wenn die Kinder Spaß beim Wippen, Balanciere­n und Karussellf­ahren haben.

Warum Herzog vor allem Spielgerät­e kreiert, hat einen einfachen Grund: „Ich mag die Geräusche von Kindern.“Doch der Vater von zwei längst erwachsene­n Söhnen, 48 und 51 Jahre alt, hat sich nicht nur als Spielgerät­e-Erfinder einen Namen gemacht. Er ist auch mit seinem Umzug in sein eigenes Badezimmer über die kalten Wintermona­te (wir berichtete­n) weit über die Grenzen des kleinen Zahling hinaus bekannt geworden.

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 ?? Fotos: Stefanie Brand ?? Regelmäßig begeht Adolf Herzog seinen selbst gebauten Baumkronen­pfad.
Fotos: Stefanie Brand Regelmäßig begeht Adolf Herzog seinen selbst gebauten Baumkronen­pfad.
 ??  ?? Auf dem fahrenden Riesenrad ist Platz für vier Kinder. Das Spielgerät ist so konstruier­t, dass der 78-Jährige es von seiner Position aus durch den ganzen Garten schieben kann. Rodeo ist nur eines von vielen Fahrzeugen, die im Herzog’schen Kinderpara­dies Spielspaß verspreche­n. Rodeo (Bild links): Der Clou des fahrenden Pferdes sind die exzentrisc­hen Räder hinten, die ihre Reiter gehörig durchschüt­teln.
Auf dem fahrenden Riesenrad ist Platz für vier Kinder. Das Spielgerät ist so konstruier­t, dass der 78-Jährige es von seiner Position aus durch den ganzen Garten schieben kann. Rodeo ist nur eines von vielen Fahrzeugen, die im Herzog’schen Kinderpara­dies Spielspaß verspreche­n. Rodeo (Bild links): Der Clou des fahrenden Pferdes sind die exzentrisc­hen Räder hinten, die ihre Reiter gehörig durchschüt­teln.
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