„Im Gelände braucht man Mumm!“
Sportporträt Reiterin Nicola Miller aus Kissing ist bayerische und schwäbische Meisterin im Pony-Vielseitigkeitsreiten. Was die 13-Jährige an dieser Sportart fasziniert, worauf es in den Disziplinen ankommt und welche Ziele sie noch hat
Kissing Mädchen mögen Pferde – so weit das gängige Klischee. Und wer Nicola Miller beobachtet, wie sie mit ihren beiden Ponys Don und Pedro umgeht, sie streichelt und liebkost, der könnte versucht sein, dies als eine weitere Bestätigung für dieses Klischee zu sehen. Doch für die 13-jährige Kissingerin sind die Ponys weit mehr als Schmusetiere, schließlich ist Nicola Miller eine der besten bayerischen Vielseitigkeitsreiterinnen.
Der Teenager, den die Reitsport begeisterten Eltern Bianca und Bernd Miller schon früh auf den Rücken eines Pferdes gesetzt hatten, ist seit nunmehr gut drei Jahren aktiv im Pony-Vielseitigkeitsreiten und auf Turnieren sehr erfolgreich. In diesem Jahr blickt sie auf ihre bislang erfolgreichste Saison zurück: Sie wurde bayerische und schwäbische Meisterin in der Pony-Vielseitigkeit und durfte auch bei der „Goldenen Schärpe“, dem Deutschlandpreis der Ponyreiter im hessischen Lauterbach, starten. Bei diesem Wettbewerb treten die besten Ponyreiter aus allen Bundesländern gegeneinander an. „Dort wurde ich Elfte von 70 Einzelstartern, und mit der bayerischen Mannschaft landeten wir unter 17 Teams auf Platz neun“, erzählt Nicola Miller. Um dort überhaupt starten zu dürfen, musste sich Nicola Miller auch einer Sichtung durch den Landestrainer Bernd Knorr unterziehen und einen Lehrgang – inklusive Theorie-Unterricht – absolvieren.
Das Vielseitigkeitsreiten, früher auch unter dem Begriff „Military“bekannt, setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Dressur, Springen im Parcours und dem Geländeritt. „Die Ponys müssen dabei die gleichen Anforderungen erfüllen wie die Großpferde – und es gibt auch die gleichen Schwierigkeitsgrade von E bis S“, erklärt Mutter Bianca Miller.
Im Parcours sind die Hindernisse zwischen 90 und 105 Zentimeter hoch, im Gelände bis zu 110 Zentimeter. Die Gräben sind bis zu 1,30 Meter breit, die Tiefsprünge bis zu 1,20 Meter tief. Im Gelände geht es bergauf, bergab, es gibt Wasserdurchritte, man muss Hecken oder andere feste Hindernisse überwinden – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Und für Nicola Miller ist es gerade das Gelände, was ihr am meisten Spaß macht. „Um im Gelände zu reiten, braucht man Mumm – und man kann mehr pesen, mehr Gas geben als im Parcours“, meint sie mit einem Lächeln.
Die Anforderungen bei den Turnieren sind nicht einfach. So müssen in der Kategorie A, in der Nicola gerade eingeordnet ist, bis zu 20 Hindernisse auf 2,5 Kilometer Länge bei einem Tempo von bis zu 500 Meter pro Minute bewältigt werden. „Das ist schon ganz schön anspruchsvoll“, erklären Mutter und Tochter unisono.
Nach der Dressur geht es bei Wettkämpfen in den Springparcours und dann ins Gelände – die Punkte aus der Dressur werden umgerechnet und mit den Fehlerpunkten im Parcours und im Gelände addiert. Wer die wenigsten Fehlerpunkte hat, gewinnt. Bei den bayerischen Meisterschaften in Mertingen bei Donauwörth erwischte Nicola Miller auf Don einen Sahnetag. „Ich lag nach der Dressur vorne, nach dem Springen und auch nach dem Gelände, das war ein Start-Ziel-Sieg“, erzählt der Teenager.
Gleichzeitig fanden dort auch die schwäbischen Titelkämpfe statt, und auch dort hatte die junge Kissingerin am Ende die Nase vorn – auf ihrem Pony Pedro.
Der 13-Jährigen gefällt die Abwechslung bei der Vielseitigkeitsreiterei. „Bei der Dressur kann man zeigen, wie schön man reiten kann, das Springen macht Spaß und das Reiten im Gelände ist einfach toll“, so Nicola Miller. Trainiert wird täglich mindestens eine Dreiviertel- – mal Dressur, mal Springen, mal gibt’s Ausritte. „Aber immer erst nach den Hausaufgaben, denn die Schule geht vor“, betont Mutter Bianca.
Nicola ist seit diesem Jahr auf dem M-Zweig in der Mittelschule Kissing, und bislang klappt das Nebeneinander von Sport und Schule. „Die Noten passen“, sagt Nicola, die auch schon ein Berufsziel vor Augen hat. „Ich würde gerne zur berittenen Polizei gehen, aber in jedem Fall möchte ich irgendwas mit Pferden machen“, erklärt die Kissingerin. Und auch sportlich hat Nicola Miller noch einiges vor. „Ich möchte mal zum Bundesnachwuchs-Championat und in zwei Jahren bei den deutschen Meisterschaften starten“, sagt sie selbstbewusst.
Ihr Sport ist zeitintensiv, oft ist die Familie inklusive ihrer kleinen Schwester Saskia ein ganzes Wostunde chenende auf Turnieren unterwegs. Zeit für Hobbys – wie Freunde treffen, Skifahren oder Schwimmen – bleibt kaum. Und auch die Zeit, in der Nicola Miller mit ihren Ponys auf Turniere fahren kann, ist begrenzt. „Reiter dürfen nur bis zum Alter von 16 Jahren Ponys bei Wettkämpfen vorstellen, danach nicht mehr“, erklärt sie. Doch bis es so weit ist, hat sie ja, wie gesagt, noch einiges vor.