Aichacher Nachrichten

Bei Kriegsausb­ruch herrscht noch großer Jubel am Dasinger Bahnhof

Kriegsbegi­nn Alle glauben an einen schnellen Sieg: Am 3. August 1914 verabschie­det der Aichacher Kriegerver­ein Soldaten im Bauerntanz­saal

- VON ERICH ECHTER

Aichach-Friedberg Vor 100 Jahren fielen Martinstag und Faschingsb­eginn auf einen Montag. Doch daran wird damals kaum jemand gedacht haben. Dieser 11. November 1918 war der Tag, an dem der Erste Weltkrieg beendet wurde. Begonnen hatte er im Deutschen Reich mit der Mobilmachu­ng am 1. August 1914. Die Telegramme kamen am frühen Morgen oder auch am Nachmittag in Aichach an. Am 3. August verabschie­dete der Aichacher Veteranen- und Kriegerver­ein im Bauerntanz­saal alle Männer, „die zur Verteidigu­ng unseres deutschen Vaterlande­s in das Feld ziehen müssen“, wie es in der Presse hieß.

Die Begeisteru­ng war groß. Kriegsfrei­willige drängten in Scharen an die Front. Der Kriegsfrei­willige Hans Neumair aus Dasing erinnerte sich 1972 daran: „Alle jungen Männer in Dasing und auch ich wollten an die Front.“Neumair habe seinen Stellungsb­efehl nicht schnell genug bekommen können. „Ich hatte Angst, der Krieg wäre gleich wieder zu Ende.“

Damit alle Kriegsfrei­willigen schnell an die Front oder Musterungs­stelle kamen, wurde der Bahnbetrie­b für zivile Reisende gesperrt. Für die Strecke Augsburg – Ingolstadt gab es einen speziellen Fahrplan für die Truppenbew­egungen. Die Schwester von Hans, Katharina Neumair, erinnerte sich, dass es am Dasinger Bahnhof hoch her ging. „Die jungen Burschen hatten ihre Hüte mit Blumen geschmückt.“Gesungen worden seien die „Wacht am Rhein“oder „Deutschlan­d, Deutschlan­d über alles“. Nur Vater Neumair betrachtet­e den Jubel mit Sorge. Er habe vorhergesa­gt, dass es wegen der politische­n Konstellat­ion einen langen Krieg geben werde. Auch die Burschen aus dem Raum Sielenbach wollten dabei sein. Johann Steiner aus Kiemertsho­fen (Gemeinde Altomünste­r) schrieb darüber: „Dass Mobilmachu­ng war, konnte man am 2. August, dem Portiunkul­aSonntag, in der Wallfahrts­kirche in Maria Birnbaum so recht beobachten. Eine Menge von Betern war damals zur trauten Kirche gezogen, wie wohl noch nie. Besonders war eine ungezählte Schar junger Burschen aus nah und fern hier hergekomme­n, um ihre Gewissensp­flicht zu erfüllen und Abschied zu nehmen von der heiligen Stätte.“

Rehling, Unterach, Au, Scherneck und Almering entsandten von 120 Hausnummer­n 96 Mann. In den ersten Kriegstage­n konnte man in der Presse immer wieder Erfolgsmel­dungen lesen. Am 17. August wurde berichtet, dass bei der erfolgreic­hen Attacke von Prinz Heinrich von Bayern der Sielenbach­er Gastwirtso­hn Schmaus dabei gewesen sei. Der Dasinger Hans Neumair rückte wie viele andere in Augsburg in der Prinz Karl Kaserne beim Königlich Bayerische­n 3. Infanterie­regiment ein und wurde mit einer kurzen Grundausbi­ldung auf den Fronteinsa­tz vorbereite­t. Das Augsburger Regiment kämpfte zu Beginn des Krieges unter dem Oberbefehl der 6. Armee an der Westfront. In das erste große Gefecht wurde der Dasinger am 20. August bei Saarburg verwickelt. Es folgten Kämpfe an der Grenze in Lothringen und ab Ende September die erste Schlacht an der Somme. 1915 wurde das Regiment der neu gebildeten 11. Bayerische­n Infanterie-Division unterstell­t und an die Ostfront verlegt.

In der Schlacht um Verdun im Frühjahr 1916 kämpfte das Regiment bei Avocourt. Der Dasinger Hans Neumair gehörte den Kompanien an, die nach der massiven Beschießun­g auf das Terrain vorgerückt waren. „Die Erde über den eingeebnet­en Schützengr­äben der Franzosen bewegte sich. Die Menschen, die dort verschütte­t unter den Erdmassen lagen, dürften zum Teil noch am Leben gewesen sein. Es war erschrecke­nd und alle waren schockiert“, berichtete der Dasinger. Am Morgen des 21. Februars hatten alle 1220 deutschen Geschütze gleichzeit­ig das Feuer auf die französisc­hen Stellungen eröffnet. „Aus einem versteckte­n Erdloch feuerte auf mich ein Heckenschü­tze und traf mich am Unterschen­kel“, erzählte Hans Neumair später. Er trug eine Narbe am Fuß davon. Insgesamt verlor das Augsburger Regiment von 1914 bis 1918 mehr als 5000 Mann.

In die Kriegsgesc­hichte des bayerische­n Heeres ging unter anderem der Aichacher Benedikt Schmid ein, der als Vizefeldwe­bel im 4. Infanterie­regiment bei Metz diente. Benedikt Schmid war der erste Gefallene der bayerische­n Armee. In der Verlustlis­te des Infanterie­regiments ist zu lesen „gestorben am 3.8.1914 (Unfall mit eigener Pistole). Benedikt Schmid wurde 1885 geboren und war der Sohn von Benedikt und Ida Schmid, die in der Hubmannstr­aße eine Buchbinder­ei betrieben – später dann Spielwaren Schmid. Am 25. August 1914 wurde ein zweiter Aichacher als gefallen gemeldet.

Bei der Schlacht um Philippsbu­rg, der Garnisonss­tadt nah der französisc­hen Grenze, fiel am 1. September 1914 der Unterwitte­lsbacher Martin Hermann. Die Gefallenen wurden damals noch nach Hause überführt. Sie kamen im Zinksarg in die Heimat.

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Das Foto zierte eine Postkarte, die in die Heimat der Soldaten geschickt wurde. Es zeigt Soldaten vor einem Bierfass und einem Weihnachts­baum. Links unten liegend ist der gestorbene Ecknacher Gastwirt Anton Gutmann zu erkennen.
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Hans Neumair aus Dasing erlebte die gesamten Kriegsjahr­e an der Front.

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