Gnadenfrist für Zeitumstellung
EU Die Mitgliedstaaten verständigen sich auf eine Vorbereitungsphase bis mindestens 2021. Ein Flickenteppich soll unbedingt vermieden werden
Brüssel Die Zeit ist noch nicht reif. Wenigstens darauf konnten sich die EU-Minister am Montag in Brüssel einigen. Auch das Aus für das ständige Drehen an den Uhren steht wohl fest. Aber nicht schon im nächsten Jahr, sondern frühestens 2021. „Es wäre unsinnig, wenn Deutschland oder Ungarn und Italien und Österreich unterschiedliche Zeitsysteme hätten“, begründete der Wiener Verkehrsminister Norbert Hofer gestern das Zögern.
Österreich hat derzeit die halbjährlich wechselnde EU-Ratspräsidentschaft inne, was Hofer zum Sitzungschef in der Runde seiner Kollegen macht. „Welches Modell dann kommen wird, Sommerzeit oder Winterzeit, das werden die Gespräche in den nächsten Monaten zeigen“, sagte der österreichische FPÖ-Politiker weiter. Fest steht nämlich gar nichts. Einige Regierungen haben sich bereits zu Wort gemeldet. Offizielle Festlegungen aber wurden bisher von allen Seiten vermieden.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der innerhalb der Bundesregierung für das Thema verantwortlich ist, gibt der ewigen Sommerzeit den Vorzug: „Die Mehrheit der Menschen in Deutschland hat eine eindeutige Präferenz - ich auch. Deshalb plädiere ich für die dauerhafte Sommerzeit.“Schließlich, so der CDU-Politiker weiter, könnten die Menschen dann auch in der kalten Jahreszeit „länger im Freien aktiv sein, Kinder nach der Kita oder der Schule länger im Hellen spielen.“
In Brüssel legten einzelne Minister am Montag erst einmal die Probleme auf den Tisch. Derzeit gibt es insgesamt drei Zeitzonen in der EU, aber eine große von Polen bis Spanien, zu der auch Deutschland gehört. Würden diese insgesamt 17 Länder dauerhaft die Sommerzeit einführen, bedeutet das für Spanien im Winter Dunkelheit bis zehn Uhr morgens, während die Sonne in der polnischen Hauptstadt Warschau im Sommer bereits um drei Uhr morgens aufgeht. Ein Diplomat: „Das bringt alles nichts.“Einige Ländervertreter sprachen gestern sogar davon, die zweimal jährliche Uhrenumstellung lieber beizubehalten, weil sie „Extreme in Europa“zu verhindern helfe. Fest steht also vor Beginn der Beratungen in den EULändern und vor allem untereinander rein gar nichts. In einigen Hauptstädten wird offenbar sogar an eine Volksabstimmung gedacht, um die Meinung der Bürger einzubeziehen. Andere Minister warnten
Warnungen vor Volksabstimmungen
wiederum vor solchen Voten, weil man dann daran fest gebunden sei und keinen Spielraum mehr für Kompromisse habe.
Die EU-Kommission hatte im vergangenen Sommer eine OnlineBefragung im Internet gestartet, an der sich 4,6 Millionen Bürger (darunter alleine drei Millionen aus Deutschland) beteiligt hatten. 84 Prozent der Teilnehmer sprachen sich für ein Ende der Uhrenumstellung aus. Das Ergebnis sei allerdings unverbindlich und sollte lediglich zur Meinungsbildung beitragen, betonte die EU-Verwaltung mehrfach. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker war nach Bekanntgabe dieser Zahlen jedoch nach vorn geprescht und hatte angekündigt, die derzeitige Praxis, die in allen Mitgliedstaaten seit 1996 gilt, noch vor der Europawahl 2019 abzuschaffen.