Wenn schwarzer Humor den Schnee rot färbt
Kabarett-Thriller „Rauhnacht“begeisterte das Publikum in der Stadthalle Gersthofen
„In da Rauhnocht derf a Diarndl ned aussigehn!“, mahnt Großmutter Höllerbauer ihre 15-jährige Enkelin Nora. So beginnt der KabarettThriller „Rauhnacht“, welcher am Sonntagabend in der Stadthalle Gersthofen aufgeführt wurde. Hinter dem Titel verbirgt sich ein volkstümlicher Aberglaube im Alpenraum, nämlich dass rund um Silvester die Seelen der Verstorbenen Ausgang haben sollen.
Das schwarz-humorige Theaterstück von Stefan Leonhardsberger und Co-Autor Paul Klambauer ist eine ungewöhnliche, aber aufregende Symbiose, bei der das Lachen der Zuschauer das ein oder andere Mal im Hals stecken bleibt. Die Geschichte handelt von zwei Familien in einem Dorf im österreichischen Mühlviertel. Immer mehr wird das Schicksal ihrer Mitglieder im Verlauf der Erzählung miteinander verknüpft. Da ist die bereits erwähnte Nora, die trotz aller Warnungen ihrer Großmutter am Silvesterabend ausgeht, aber nicht rechtzeitig zurückkehrt. Ihr Vater beginnt deshalb, sie bei Eiseskälte zu suchen.
Der zweite Erzählstrang handelt von der Familie Röbelreiter. Der Vater, Besitzer eines Schotterwerks, ist schwer erkrankt. Die Geschäfte führen derweil seine unfähigen Zwillingssöhne. Mutter Röbelreiter beginnt eine Affäre mit ihrer Jugendliebe, Tochter Doris gerät in ein Drogenproblem. Als die Vergangenheit die beiden Familien einholt, bahnt sich eine Familientragödie an, an deren Schluss – mit ironischer Brechung – buchstäblich über Leichen gegangen wird.
Stefan Leonhardsberger schlüpft in neun Rollen, als Requisit dient ein einziger Stuhl. Sein kongenialer Bühnenpartner Martin Schmid sorgt für Livemusik und Sounddesign. Alle Geräusche erzeugt er mit Instrumenten, dem Mund oder seinem Körper. Das Duo hatte bereits den sehr erfolgreichen Liederabend „Da Billi Jean is ned mei Bua“mit neuen deutschen Texten zu internationalen Pop-Songs zusammen kreiert.
Leonhardsbergers Spiel beeindruckt dabei durch die Wandlungsfähigkeit in Mimik, Gestik und Sprachkunst. Dazu hat „Rauhnacht“ eine rasante und komplexe Story, die der Bühnenkünstler lebendig gestaltet. Bei den schnellen und dialektischen Wechseln ist es nicht immer leicht mitzukommen.
Dennoch, was Leonhardsberger und Schmid auf die Bühne bringen, ist hohe Kunst in jederlei Hinsicht: musikalisch, schauspielerisch und dramaturgisch. Das macht „Rauhnacht“zu einer spannenden, heiteren und kurzweiligen Aufführung, die das Publikum begeisterte, deren sarkastisches Finale manchen aber noch beschäftigt haben wird. Was mit Witz und „Wiener Schmäh“scheinbar harmlos begann, endete in einem makabren und tödlichen Showdown, bei dem es einem eiskalt den Rücken herunterläuft. Sehr originell!