Geldstrafen für dilettantische Cannabis-Gärtner
Justiz Ein 62-jähriger Rentner und seine 39-jährige Mitbewohnerin müssen sich vor Gericht wegen der Aufzucht einer Drogenplantage verantworten. In der Verhandlung werden teils tragische Lebensumstände beleuchtet
Die Fotos der in ihrer Wohnung selbst gezüchteten Cannabispflanzen rührten das Gericht fast zu Mitleid. Dennoch müssen jetzt ein 62-jähriger Rentner aus Augsburg und seine 39-jährige Mitbewohnerin jeweils über 2000 Euro Strafe zahlen. Zusätzlich zum versuchten Eigenanbau von Cannabis hatten sie im sogenannten Darknet drei Mal Rauschgift gekauft.
Beide Angeklagten hatten im Gerichtssaal umfangreiche Angaben gemacht. Er führe einen Kampf ums Überleben, sagte der alkoholabhängige Angeklagte vor Richterin Rita Greser. Und gestand, der Versuch des Drogenanbaus in der Wohnung sei seine Idee gewesen. Mithilfe des einen oder anderen Joints gelinge es ihm, die eine oder andere Flasche Wodka weniger zu trinken. Und nein, das mit der Drogenbestellung aus dem Internet, das sei er nicht gewesen.
Stimmt, gestand die 39-jährige Mitangeklagte, eine Köchin, die sich mit dem 62-Jährigen eine Wohnung in der Innenstadt teilt. Sie habe das in der Anklageschrift genannte Haschisch im sogenannten Darknet bestellt, also einem weniger leicht zugänglichen Teil des Internet. Dass Haschisch auch ihre Probleme mit Alkohol erleichtern könne und wie man es online bestellt, das habe sie auf einer Therapie von anderen Teilnehmern gelernt. Dass die Angeklagte trotz ihrer schwierigen Lebenssituation Vollzeit zur Arbeit gehe, nötigte der Richterin Respekt ab, war letztlich aber auch der Grund dafür, dass ihr Drogenkonsum ans Licht gekommen war. Ihr Arbeitgeber war nämlich in Sorge um das Wohl seiner Köchin geraten, nachdem sie länger nicht mehr zur Arbeit erschienen war. Er bat die Polizei um Hilfe, woraufhin zwei Beamte zur genannten Wohnung fuhren.
Die Frau habe sie hereingebeten und sich umgehend wieder ins Bett gelegt, erinnerten sich die Beamten. Nachdem den Polizisten laut ihrer Zeugenaussage der schlechte Gesundheitszustand der Frau aufgefallen war und sie zudem neben ihrem Bett Utensilien zum Drogenkonsum entdeckten, hätten sie sich in der Wohnung umgeschaut. Dabei entdeckten sie zunächst einige frei stehende Cannabispflanzen und dann die Aufzuchtanlage in einem Schrank – insgesamt 16 Stauden.
Die beschlagnahmten knapp einen Meter hohen Pflanzen in kümmerlichem Zustand hatten laut einem Gutachten kaum THC-, also Wirkstoffgehalt. Von besserer Qualität erwies sich das Rauschgift, das die Angeklagte unter Mitfinanzierung ihres Mitbewohners im Netz bestellt hatte und das beide anschließend zum Teil bereits konsumiert hatten. Staatsanwältin Berna Dogan forderte für die beiden geständigen Konsumenten leichter Drogen jeweils Geldstrafen von 3600 Euro. Verteidiger Moritz Bode war mit einer Geldstrafe für den Angeklagten einverstanden, hielt aber einen Betrag von höchstens 1800 Euro für angemessen. Richterin Greser benannte die „dilettantische Aufzuchtanlage“und die schlimme Lebenssituation der beiden Angeklagten. Wegen unerlaubten Anbaus, Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilte sie den Angeklagten zu 2250 Euro, seine Mitbewohnerin zu 2450 Euro. Beide nahmen das Urteil an.